Papst:Ziel verfehlt

Zu Recht steht Franziskus nach seiner Südamerika-Reise in der Kritik.

Von Boris Herrmann

Papst Franziskus hat wichtige politische Botschaften hinterlassen auf seiner Reise durch Chile und Peru: Er hat die Zerstörung des Regenwaldes angeprangert, die Gewalt gegen Frauen und die Korruption, er hat die Unterdrückung der Indigenen kritisiert und hat sich mit ihnen wirklich auseinandergesetzt. Aber all das geht jetzt unter angesichts der nahezu einhelligen und berechtigten Kritik an seinem Umgang mit einem Pädophilie-Skandal im chilenischen Klerus. Der Papst hat deshalb sein Reiseziel verfehlt.

Schuld daran ist seine Treue zum Bischof Juan Barros aus Osorio, dem vorgeworfen wird, Kindesmissbrauch durch einen Priester jahrelang vertuscht zu haben. Es handle sich um Verleumdungen, denn es gebe keine Beweise gegen Barros, meint der Papst. Formaljuristisch mag das korrekt sein. Gerecht ist es deshalb noch lange nicht. Franziskus fordert die Katholiken immer wieder dazu auf, ihrem Glauben zu vertrauen. Aber diejenigen, die Geistliche belasten, die es nach Jahren der Angst wagen, von sexuellen Demütigungen und von Verbrechen zu erzählen, die sollen nun Beweise vorlegen, bevor ihnen geholfen wird. Mit dieser Argumentation stimmt etwas nicht. Die Legitimationskrise des chilenischen Katholizismus hat Franziskus eher noch verschärft.

Der Fall ist aber auch weit über Chile hinaus von großer Bedeutung. Er hat das Potenzial, den Ruf eines Papstes zu zerstören, der bisher mit den Sünden der Kirche anders umgegangen ist als alle seine Vorgänger.

© SZ vom 22.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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