Panama:Spion, Diktator, Häftling

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Bis 1989 regierte Noriega. Als seine Verbindungen zum Drogengeschäft bekannt wurden, griffen die USA ein. (Foto: dpa)

Ex-Machthaber Manuel Noriega ist mit 83 Jahren gestorben. Wegen Drogenhandels saß er 20 Jahre in Haft .

Von Benedikt Peters, München

Es war die Rockmusik, die das Ende seiner Freiheit besiegelte. An Weihnachten 1989 umstellen US-Soldaten die vatikanische Botschaft in Panama. In dem Gebäude versteckt sich Manuel Noriega, der Mann, der bis kurz zuvor noch das Land eisern regiert hatte und ein Günstling Washingtons war. Das aber ist nun vorbei, die US-Soldaten sollen Noriega, "das Ananasgesicht", wie er wegen seiner Pockennarben genannt wird, festnehmen und in die Vereinigten Staaten bringen. Noriega aber will die Botschaft nicht verlassen, und Papst Johannes Paul II. weigert sich, ihn auszuliefern. Da kommen US-Spezialisten für psychologische Kriegsführung auf eine Idee: Die Soldaten stellen Lautsprecherboxen auf und beschallen den Diktator und Opernliebhaber rund um die Uhr mit lauter Gitarrenmusik.

Auf der Playlist, die das National Security Archive inzwischen veröffentlicht hat, steht unter anderem "Paranoid" von Black Sabbath, "Run Like Hell" von Pink Floyd und "Prisoners of Rock and Roll" von Neil Young. Am 3. Januar 1990 gibt Noriega auf. Den Rest seines Lebens, das an diesem Dienstag zu Ende gegangen ist, wird er in Gefängnissen in Miami, in Frankreich und in Panama verbringen. Erst ganz zum Schluss, als er an einem tödlichen Hirntumor erkrankt ist, gewährt die Justiz ihm ein paar Wochen Hausarrest. Mit dem Tod des Ex-Diktators endet "ein Kapitel in unserer Geschichte", so formuliert es der amtierende panamaische Präsident Juan Carlos Varela. Es ist ein dunkles Kapitel - und eines, das ein Schlaglicht auf die unrühmliche Rolle wirft, die Washington immer wieder in Lateinamerika gespielt hat.

Noriegas Aufstieg wäre ohne die USA nicht möglich gewesen. Seine Ausbildung als Geheimdienstler erhielt er unter anderem an der Escuela de Las Américas in Panama, dort, wo die USA spätere lateinamerikanische Diktatoren und deren Handlanger unterrichteten, die in ihrem Namen den Kommunismus bekämpfen sollten. Einer der prominentesten Absolventen neben Noriega ist der chilenische Geheimdienstchef Manuel Contreras, der während der Diktatur Augusto Pinochets Zehntausende Menschen foltern, ermorden und verschwinden ließ. Am Militärstützpunkt Fort Bragg in North Carolina erhielt Noriega außerdem einen Kurs in psychologischer Kriegsführung. 1971 heuerte ihn die CIA als Spion an, für Informationen über die linken Regierungen in Kuba und Nicaragua zahlte sie bis zu 200 000 Dollar jährlich.

Entsprechend groß dürfte die Freude in Washington gewesen sein, als Noriega Anfang der 1980er-Jahre vom Geheimdienstchef zum Machthaber in Panama avancierte. "He's my boy" - "Er ist mein Junge", das soll der frühere CIA-Chef Bill Casey noch 1989 über Noriega gesagt haben. Dabei war damals längst bekannt, dass der Diktator ein schmutziges Spiel trieb. Er arbeitete nicht nur für die USA, sondern auch für die Regierungen Kubas und Nicaraguas. Er machte gemeinsame Sache mit Pablo Escobars Drogenkartell in Medellín und verdiente daran Millionen. Und er ließ politische Widersacher grausam töten, wie etwa den Arzt Hugo Spadafora, der 1985 enthauptet gefunden wurde. All das aber interessierte die Regierung in Washington wenig, solange nahe dem strategisch wichtigen Panama-Kanal Ruhe herrschte.

Das Glück verließ den Diktator nur langsam. 1986 wurden seine Drogengeschäfte durch eine Pressekampagne öffentlich. Im Februar 1988 erhoben US-Behörden Anklage gegen Noriega und forderten seine Entmachtung, doch der wusste das panamaische Militär hinter sich. Im Dezember 1989 schließlich ordnete Bush eine militärische Invasion an, die zahlreiche internationale Beobachter als völkerrechtswidrig kritisierten. 1992 verurteilte ein US-Gericht Noriega zu vierzig Jahren Haft, doch auch im Gefängnis genoss der Ex-Diktator Privilegien. In der Bundeshaftanstalt von Miami verbüßte er 18 Jahre seiner Haft, der Rest wurde ihm wegen guter Führung erlassen. Frei aber kam er nicht, stattdessen überstellten die USA ihn nach Paris, da er für seine Drogengeschäfte unter anderem französische Bankkonten genutzt und dort Immobilien erworben hatte. Als Noriega am 27. April 2010 in Paris eintraf, zeigten die Kameras einen gebrechlichen Mann. Eineinhalb Jahre später wurde er nach Panama ausgeliefert. Medienberichten zufolge hoffte er bis kurz vor seinem Tod auf seine Freilassung, doch der Wunsch wurde ihm nicht gewährt.

© SZ vom 31.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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