Ostasien:Neu, aber nicht näher

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Wenn auch aus verschiedenen Gründen - für Südkorea und Japan war Donald Trump eher ein US-Präsident in ihrem Sinne als es Joe Biden voraussichtlich sein wird.

Von Thomas Hahn, Tokio

14 Minuten sind zu kurz für ein umfassendes Gespräch über den Fernen Osten. Und nur so lange dauerte am Donnerstag das erste Telefonat zwischen Joe Biden, dem designierten US-Präsidenten, und Moon Jae-in, dem Präsidenten Südkoreas. Es war also keine Zeit für einen Gedankenaustausch über das schlechte Verhältnis Südkoreas zu Japan, dem anderen wichtigen US-Partner in Ostasien. Es blieb bei Höflichkeiten und den wichtigsten Bekenntnissen. "Denuklearisierung der Koreanischen Halbinsel und anhaltenden Frieden" wolle Moon gemeinsam vorantreiben, teilte der Präsidenten-Sprecher in Seoul mit. Bidens Übergangsbüro nannte Südkorea "den Dreh und Angelpunkt für Sicherheit und Wohlstand in der indopazifischen Region" und erklärte, Biden freue sich auf eine enge Zusammenarbeit bei "gemeinsamen Herausforderungen, von Nordkorea bis Klimawandel".

Es ist der Beginn einer komplizierten Freundschaft. Der Wahlsieg des Demokraten Biden über den Amerika-First-Populisten Donald Trump müsste für Moon zwar eigentlich eine reine Freude gewesen sein. Immerhin gehört Moon selbst der Demokratischen Partei Koreas an und stand wie Biden für die Hoffnung auf gesellschaftlichen Fortschritt, als er 2017 der ultrakonservativen Präsidentin Park Geun-hye nachfolgte.

Voraussichtlich gibt es Streit mit Washington über den Umgang mit Nordkorea: der südkoreanische Präsident Moon Jae-in - hier im Gespräch mit Japans Premier Yoshihide Suga . (Foto: AFP/The Blue House)

Aber in der Nordkorea-Frage wird er mit der Biden-Administration wohl streiten müssen. Moon ist seit Beginn seiner Amtszeit auf das kommunistische Regime zugegangen, um endlich den Frieden zu erreichen, den es mangels Friedensvertrag seit Ende des Korea-Kriegs 1953 offiziell nicht gibt. Er hat mit Staatschef Kim Jong-un Verträge ausgehandelt, Kooperationen vereinbart. Und Trump machte mit. Er traf sich mit Kim 2018 und 2019. Es war ein Bruch mit dem Konzept der strategischen Geduld des vorigen US-Präsidenten Barack Obama; Obama wollte nicht verhandeln, solange Nordkorea sich nicht bewegt.

Ein Treffen mit dem "Schurken" Kim? Wohl eher nicht im Sinne des Demokraten.

Nachhaltige Entspannung hat mit Moon und Trump nicht stattgefunden. Im Oktober führte Nordkorea bei einer Militärparade zwei neue Atomraketen vor. Und Joe Biden hat als Vizepräsident Obamas strategische Geduld mitgetragen. Er hat im Wahlkampf Trump vorgeworfen, den "Schurken" Kim "legitimiert" zu haben. Und er hat angekündigt, er werde sich mit Kim nicht treffen, bevor Nordkorea nicht atomwaffenfrei sei. Die Nordkorea-Diplomatie der USA wird sich unter Biden eher nicht im Sinne Moons ändern.

Das wiederum müsste Yoshihide Suga gefallen, dem Premierminister Japans, mit dem Biden am Donnerstag ebenfalls telefonierte. Das schlechte Verhältnis zu Südkorea hat unter anderem mit Moons Nordkorea-Kurs zu tun. Aber auch die Freundschaft zwischen Sugas Japan und Bidens Amerika dürfte kompliziert werden. Denn Biden kommt aus einem ganz anderen politischen Lager als Suga und seine rechtskonservative Regierungspartei LDP.

Kurz vor der US-Wahl schrieb Kunihiko Miyake, Präsident des privaten Foreign Policy Institute in Tokio, in einem Beitrag, die Konservativen in Japan stünden Biden skeptisch gegenüber. Das habe "teilweise auch mit der bitteren Erfahrung zu tun, dass Japan auf die leichte Schulter genommen, wenn nicht sogar übergangen wurde von früheren demokratischen US-Regierungen." So wie sich die Konservativen gegen gesellschaftliche Vielfalt und die nachhaltige Aufarbeitung japanischer Kriegsschuld wehren, liegt es nahe, dass US-Demokraten sie nicht ernst nehmen. Und jetzt kommt Biden mit seinem Ruf nach mehr Klimaschutz und Offenheit.

Der vorige Premier Abe verstand sich prächtig mit dem Mann in Washington.

Trump hat zwar den Handelskrieg mit China zu verantworten, der auch der Exportnation Japan schadete. Aber unter Nationalisten tickte man ähnlich. Sugas Vorgänger Shinzo Abe verstand sich prächtig mit Trump. Selbst der Umstand, dass Trump aus finanziellen Gründen von Japan mehr Eigenverantwortung in Sicherheitsfragen wollte, kam Abe entgegen. Das brachte ihm ein weiteres Argument, die pazifistische Nachkriegsverfassung so ändern zu wollen, dass Japan wieder eine Armee haben kann.

Joe Biden hingegen erklärt: "Wir werden unsere Allianzen mit Japan, Südkorea, Australien und anderen asiatischen Demokratien stärken." In Bidens Welt soll sich Japan mit Überzeugung zum freiheitlichen Westen bekennen. Für die rechtskonservative Elite im Inselstaat ist das nicht ganz einfach.

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