Österreich-Kolumne:Runter vom Gas

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Seit 1982 trafen sich jeden Sommer GTI-Fans am Wörthersee. Nun passt die Veranstaltung nicht mehr zum Umweltkonzept des Austragungsortes. (Foto: teve Bauerschmidt/imago)

Experten plädieren für Temporeduktion auf Österreichs Straßen. Und warum die Absage eines jahrzehntelangen Hochamts der Autofans ein Hoffnungsschimmer ist.

Von Dominik Prantl

Vor wenigen Tagen war mal wieder das Ergebnis einer einigermaßen vertrauenswürdigen Umfrage zu lesen, dass die Mehrheit der Österreicher die Senkung des Autobahn-Tempolimits von 130 auf 100 ablehnt. Nun lässt sich freilich generell die Frage stellen, ob die Meinung der Mehrheit zwangsläufig das Beste für eine Gesellschaft ist, selbst wenn es sich bei dieser Mehrheit um absolut überzeugte Demokraten handelt. Würde man beispielsweise eine Umfrage starten, ob es freitags nach Feierabend künftig Gratis-Schnitzel und Bier aufs Staatskosten geben sollte, wäre dies wohl durchaus mehrheitsfähig, obwohl sämtliche Schnitzel-Verweigerer und Nicht-Biertrinker außen vor blieben und noch dazu die entstehenden Kosten mittragen müssten. Ganz ähnlich verhält es sich mit dem Tempolimit, bei dem die Schnellfahr-Verweigerer und Nicht-Autofahrer ziemlich doof dastehen, weil sie Sicherheitsrisiko und Umweltschäden womöglich genauso betreffen.

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Andererseits ist die Haltung irgendwo verständlich, vor allem wenn man aus der in Tempolimit-Fragen erstaunlich irrationalen Nachbarrepublik Deutschland nach Österreich braust. Auf der Inntalautobahn gilt wegen des Immissionsschutzgesetzes-Luft, kurz: IGL, beispielsweise eine Höchstgeschwindigkeit von 100 Kilometern pro Stunde. Wer schon einmal auf freier Fahrbahn zwischen Rofangebirge und Zillertal dahinzuckelte, erwischt sich womöglich sogar beim Blitzsympathisieren mit den politischen Vollgas-Fraktionen im Nationalrat, vorneweg der FPÖ. Die würde als Heimatschutz-Partei zwar am liebsten jeden Wolf wegen Gefährdung von Mensch und Almtier um die Ecke bringen, plädierte aber in Person des ehemaligen FPÖ-Verkehrsministers Norbert Hofer schon für ein Anheben der erlaubten Höchstgeschwindigkeit auf den Autobahnen der Heimat.

Natürlich ist auch das bei näherer Betrachtung völlig irrational. Eine Gruppe von Verkehrsexperten - Expertengruppen sind gelegentlich so etwas wie der Gegenpol zu der Mehrheitsmeinung und gemeinhin große Ratiofans - forderte jedenfalls kürzlich in einem offenen Brief eine Temporeduktion auf Österreichs Straßen: 100 auf Autobahnen, 80 auf Freilandstraßen, 30 im Ort. Dies bringe etliche Vorteile. So ließen sich damit 900 000 Tonnen an fossilem Brennstoff einsparen und die CO₂-Emissionen aus dem Kfz-Verkehr um etwa 2,4 Millionen Tonnen senken. Auch würden im Straßenverkehr 116 Menschen nicht getötet und fast 7000 nicht verletzt werden. Genau genommen gibt es kein schlüssiges Argument gegen ein niedrigeres Tempolimit.

Womöglich muss man es als Verkehrsexperte vorerst aber schon als Fortschritt betrachten, dass von diesem Jahr an das GTI-Treffen in Reifnitz am Wörthersee nicht mehr stattfinden wird. Laut einer Medieninformation der Gemeinde Maria Wörth passt die Veranstaltung nicht so recht in das Ortsentwicklungsprogramm "Reifnitz 2030 - Nachhaltig leben am See". Höchste Zeit für eine Umfrage, wie das dort die Mehrheit sieht.

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