Österreich:Rückzug nach scharfer Kritik

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FPÖ-Mann Hubert Keyl sollte Bundesverwaltungsrichter werden, doch dann wurde tagelang über seine Verbindungen zu rechtsextremen Kreisen debattiert.

Von Peter Münch, Wien

Die FPÖ hat in ihrem Bemühen, als Regierungspartei in Österreich wichtige Posten mit Gefolgsleuten zu besetzen, einen Rückschlag erlitten. Der vom Ministerrat bereits als Richter am Bundesverwaltungsgericht nominierte langjährige FPÖ-Mitarbeiter Hubert Keyl zog am Montag seine Bewerbung zurück, nachdem tagelang über seine Verbindungen zu rechtsextremen Kreisen debattiert worden war. Keyl selbst erklärte den Rückzug damit, seine Familie schützen zu wollen. FPÖ-Chef und Vizekanzler Heinz-Christian Strache sieht ihn nun als "Opfer einer politischen und medialen Hexenjagd". Vermutet wird jedoch, dass Keyl einem Veto von Bundespräsident Alexander Van der Bellen gegen seine Ernennung zuvorgekommen ist.

Keyl, der im Richteramt unter anderem über Berufungen in Asylverfahren entschieden hätte, war mit verschiedenen Episoden aus seinem Vorleben in die Kritik geraten. Zum einen war ein Leserbrief aufgetaucht, den er 2007 an das rechte Magazin Zur Zeit geschrieben hatte. Darin wetterte er gegen die Seligsprechung des Kriegsdienstverweigerers Franz Jägerstätter, der von den Nazis hingerichtet worden war. Wer den Dienst in der Wehrmacht verweigert habe, sei "ein Verräter, und Verräter soll man verurteilen und nicht seligsprechen", hieß es dort.

Die Personalie hat im Land eine Debatte darüber ausgelöst, wie rechts ein Richter sein darf

Erinnert wurde zudem an eine Schlägerei, in die Keyl 2010 bei einer Burschenschaftsfeier in einem Wiener Rotlichtlokal geraten war. Seine Frau soll damals den Neonazi Gottfried Küssel zu Hilfe gerufen haben. Keyl und seine Frau sollen auch jahrelang in einem Wiener Kellerlokal aufgetaucht sein bei Veranstaltungen Küssels, der seit 2013 eine Gefängnisstrafe wegen nationalsozialistischer Wiederbetätigung absitzt.

In der Diskussion darüber, wie rechts ein Richter sein darf in Österreich, verwies Justizminister Josef Moser von der ÖVP zunächst darauf, dass Keyl vom zuständigen Personalsenat des Bundesverwaltungsgerichts überprüft worden sei. Dort habe es keine Einwände gegeben. Keyl selbst versuchte noch, die Kritik zu entkräften. Am Samstag erklärte er, er habe niemals eine gemeinsame politische Vergangenheit mit Küssel gehabt und stehe mit ihm auch in keinerlei Kontakt. Den Nationalsozialismus und seine grausamen Verbrechen lehne er ab. Am Montag schob er nach, dass er den Beitrag über den Wehrmachtsverweigerer Jägerstätter "heute nicht mehr so veröffentlichen" würde.

Die Kritik kam aber mittlerweile nicht mehr nur vonseiten der Opposition, die forderte, "unsere Rechtsprechung vor rechtsextremen Einflüssen zu schützen". Auf Distanz ging auch die ÖVP, deren oberösterreichischer Landeschef Thomas Stelzer den Verräter-Vorwurf gegen den hingerichteten Nazigegner nicht stehen lassen wollte. "Dieses allgemein gültige Geschichtsverständnis zur Person Jägerstätter sollte selbstverständlich sein - insbesondere für jene Persönlichkeiten, die öffentliche Ämter bekleiden möchten", sagte er. Am Ende soll einem Bericht der österreichischen Nachrichtenagentur APA zufolge Bundespräsident Van der Bellen "höchsten Regierungskreisen" signalisiert haben, dass er Keyl nicht zum Richter ernennen werde.

© SZ vom 18.09.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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