Österreich-Kolumne:Großer Krimi statt großes Kino

Lesezeit: 2 min

Großer Auftritt für Thomas Schmid - hier auf einem Foto vom Sommer 2020 - am nächsten Donnerstag im ÖVP-Untersuchungsausschuss in Wien. (Foto: Georges Schneider/imago images/photonews.at)

Einst Partner in Crime von Ex-Kanzler Sebastian Kurz, heute sein Gegenspieler: Was ist von Thomas Schmid bei seinem Auftritt vor dem ÖVP-Untersuchungsausschuss zu erwarten?

Von Cathrin Kahlweit

Als wir unlängst über ein paar Fleischlaberln und ein paar Bieren den Stand der Medienlandschaft in Österreich diskutierten, hat mir mein Freund Peter Huemer eine schöne Geschichte erzählt. Sie spielt in Deutschland, aber sie könnte genauso gut in Österreich stattgefunden haben.

Der Publizist und Historiker Huemer ist, muss man wissen, nicht nur ein enzyklopädisch gebildeter Zeuge der Zeitgeschichte, sondern er war auch dereinst legendärer Gastgeber des ebenso legendären Club 2, der wohl großartigsten Talksendung des ORF. Bis heute wird Huemer von Jüngeren, die längst keine Talkshows mehr sehen, immer noch regelmäßig gefragt, wie das 1979 war, als Nina Hagen in der Sendung Tipps zur Selbstbefriedigung gab. Der Club 2 wurde leider 2012 mit dem Megathema: "Ausgezockt: Ist der Kapitalismus gescheitert?" in die Pension geschickt, was jeder bedauern muss, der sich Themenwahl und Gäste über die Jahre anschaut: irre spannende, bisweilen auch nur irre Gäste, kleine und große Fragen zu großen Fragen und letzten Tagen der Menschheit, und manchmal sogar großes Kino. Hätte man heute auch noch gern, ab und zu.

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Was Huemer, seine Frau Friedrun und mich zu der Frage brachte, ob früher alles besser war. Und der 81-Jährige erzählte, ein Freund habe ihm mal von einer wegweisenden Umfrage zur Qualität des Fernsehens berichtet - erstellt worden sei sie gerade mal drei Monate nachdem das, was später ARD hieß, am 25. Dezember 1952 als NWDR-Fernsehen nach einer längeren Testphase auf Sendung gegangen war. Eine Mehrheit der Befragten habe damals über die neu geborene Institution gesagt: "Früher war das Programm viel besser."

Falls Sie jetzt den Link oder die Quelle suchen: Huemer kennt sie auch nicht, aber manchmal ist die Botschaft wichtiger als der Faktencheck. Und die heißt: Glaube nicht nur keiner Umfrage, die du nicht selbst gefälscht hast. Sondern bilde dir überhaupt lieber selbst eine Meinung.

Was uns natürlich zum Umfrage-Management des Teams von Ex-Kanzler Sebastian Kurz mithilfe des sogenannten Beinschab-Tools und zu seinem selbst erklärten Partner in Crime, Thomas Schmid, führt. Wenn Sie die jüngste Entwicklung verpasst haben, bitte hier und hier nachlesen. Jedenfalls wird Schmid am kommenden Donnerstag vor dem ÖVP-Untersuchungsausschuss aussagen. Ein halbes Jahr lang hat er sich gedrückt und lieber heimlich in Graz vor der Korruptionsstaatsanwaltschaft ausgesagt; jetzt redet er auch in Wien.

Der Auftrieb wird riesig sein, der Erkenntnisgewinn wahrscheinlich mager. Was er sagen wollte, hat Schmid bereits gesagt. Interessanterweise haben sich die Ermittler mit den Fraktionsführern der Parteien getroffen, um Fragenkomplexe abzusprechen. Diese sollen nämlich bitte auslassen, was in den Ermittlungsakten fehlt oder geschwärzt ist. Denn da kommt noch einiges. Vielleicht war manches früher besser. Aber nicht immer spannender. Großer Krimi statt großes Kino, immerhin.

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