Österreich-Kolumne:Titanische Aufgaben

Lesezeit: 2 min

Karl Nehammer sagte nach seinem Besuch in Moskau, er habe habe Putin "in die Augen gesehen". (Foto: Maxim Shemetov/Reuters)

Karl Nehammer hat es mit seinem Besuch bei Putin zum "World Leader" geschafft. Was Österreichs Bundeskanzler nach seinem Ausflug in die Weltpolitik nun in der Heimat erwartet.

Von Cathrin Kahlweit

Der österreichische Kanzler Karl Nehammer hat es als "World Leader" in die New York Times und zu CNN geschafft. Wahrscheinlich war allein das die Reise nach Moskau wert. Als er der CNN-Moderatorin mehrmals erklärte, er habe Putin "in die Augen gesehen", musste ich an einen anderen World Leader denken, dem Gleiches widerfahren war. Auch George W. Bush hat dem russischen Präsidenten mal tief die Augen geschaut; 2001 sagte er, er habe bei diesem Blick direkt in Putins Seele gesehen und ihn "sehr geradeheraus und vertrauenswürdig" gefunden. Es wird kolportiert, dass Bush diese Äußerung später sehr bereut haben soll.

Nehammer hat in seinen Interviews nichts gesagt, was es - nach jetzigem Stand - zu bereuen gäbe, aber er hat auch nichts Neues herausgefunden. Es waren die Umstände des Trips selbst, die Aufsehen erregten. International wurde gerätselt, wo eigentlich der Österreicher das Mandat hernimmt. Und was um Gottes willen er sich davon verspricht, einen Mann zu besuchen, dessen Tagtraum es ist, die Ukraine zum Frühstück, die Anrainerstaaten zum Mittagessen und die Nato als ausgiebiges Dinner zu verspeisen, selbst wenn ihm das schwer im Magen liegen dürfte. Putin daran zu hindern, ist eine titanische Gemeinschaftsaufgabe nicht nur der sogenannten westlichen Welt. Man konnte Nehammer ansehen, dass er nach seiner Begegnung mit dem Russen tiefe Zweifel hegt, dass das gelingen kann.

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Kommentar von Cathrin Kahlweit

Es gibt titanische Aufgaben zu bewältigen

In Österreich selbst gab es indes andere titanische Aufgaben zu bewältigen: Der Kanzler war vorher mit riesigem Medientross in Kiew gewesen. Böse Zungen wollen wissen, dass niemand mit dem unbeliebten Chefredakteur des dubiosen, rechten Mediums Exxpress den Schlafwagen teilen wollte - eine, wenn es wahr ist, sehr unterhaltsame, österreichische Form der Verweigerung von "embedded journalism". Wie auch immer, allein die Berichtsflut dürften Nehammers Spindoktoren als Erfolg verbucht haben.

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Der Bundeskanzler hat nach seiner Rückkehr aus Kiew und Moskau dann sehr staatsmännisch mitgeteilt, mit wem er alles die Früchte seiner Erkenntnis geteilt habe; darunter waren die EU-Spitze, baltische Politiker und der türkische Präsident. Die Nacharbeit der Reise war also zumindest professioneller als die Vorbereitung. Sollte mit der Gruppenreise in die Ukraine und der sich über eine Woche ziehenden Berichterstattung auch beabsichtig gewesen sein, den Fokus wegzulenken von der sogenannten Cobra-Affäre, dann ist das dennoch nicht gelungen. Wir erinnern uns: Bevor Nehammer zum World Leader wurde, war er vor allem ein stinksaurer Ehemann und ÖVP-Politiker, der Berichte über einen Umtrunk seiner Frau mit Personenschützern und dessen politische und disziplinarische Folgen nicht gern breit diskutiert sehen wollte.

Auch in dieser Causa war die Vorbereitung - eine ungeschickte Pressekonferenz und halb wahre Sickerinformation - weniger professionell als die Nachbereitung. Die hat jetzt die Staatsanwaltschaft Korneuburg übernommen, die wegen des Anfangsverdachts des Amtsmissbrauchs ermittelt.

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