Österreich:Express-Check-in im Labor

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Der Wiener Flughafen ist für Starts und Landungen geöffnet – beim Einchecken heißt es jedoch wie überall: Abstand halten. (Foto: Helmut Fohringer/AFP)

Der Flughafen Wien hat ein Zentrum für Corona-Schnelltests aufgebaut - und will Reisenden so die Quarantäne ersparen.

Von Peter Münch, Wien

Jeder Schritt hallt wie ein Donnerschlag, alle Läden sind verschlossen und verrammelt. Gespenstisch leer ist es am Terminal 3 des Wiener Flughafens. Die Ankunftstafel zeigt noch eine Handvoll ankommender Flüge für diesen und den nächsten Tag - aus Düsseldorf, aus Minsk, dazu noch eine Frachtmaschine aus China, vermutlich mit Schutzausrüstung. "Halten Sie Abstand", tönt es aus den Lautsprechern in die Leere, "begeben Sie sich auf direktem Weg nach Hause und rufen Sie bei Beschwerden die Corona-Hotline an". Wer hier noch landet, muss für 14 Tage in Quarantäne - oder er geht jetzt rasch rüber in den "Office Park 3" des Flughafens zum Corona-Test. Ein paar Schritte nur sind das von der Ankunftshalle aus, und für den Wiener Flughafen soll das zu Wochenbeginn eingerichtete Labor ein erster Schritt sein zur Wiederbelebung des Luftverkehrs.

Angeboten wird hier seit Montag ein PCR-Test, auf freiwilliger Basis, für 190 Euro. Das Ergebnis gibt es bereits nach zwei bis drei Stunden. Wer negativ getestet wird, muss nicht mehr in Quarantäne. Positive Testergebnisse werden den Gesundheitsbehörden gemeldet. Auch vor einem Abflug kann man sich testen lassen und dann am Zielort per Gesundheitszeugnis seine Corona-Freiheit vorweisen. Offen steht das Labor zudem auch für alle, die gar nicht fliegen, sondern sich nur im Eiltempo Gewissheit verschaffen wollen.

"Wir sind hier am Puls der Zeit und im Dienst am Kunden", sagt die Molekulargenetikerin Susanne Haas. Sie leitet die private Confidence Analysen GmbH, die im Auftrag des Flughafens das Testlabor betreibt. Die Räumlichkeiten wirken noch provisorisch: ein Tisch, zwei Stühle, die Kaffeemaschine steht noch eingepackt in der Ecke. "Die Nachfrage ist größer als ich dachte", sagt sie. "Wir sind am ersten Tag gleich im Stress." Kapazität hat das Labor für 150 Tests pro Tag. "Aber wir könnten auch eine Nachtschicht aufbauen."

Angesichts der wenigen Passagiere wird das wohl noch nicht nötig sein. Doch der Wiener Flughafen setzt einige Hoffnung in dieses neue Labor. "Wir wollen damit einen Service leisten, um bei geschäftlichen Flügen eine gewisse Erleichterung vorzunehmen", sagt Flughafensprecher Peter Kleemann. "Zumindest europaweit dürften wir damit Vorreiter sein."

Angesichts des darniederliegenden Flugverkehrs wird vielerorts - fast könnte man sagen fieberhaft - nach Wegen aus der Corona-Misere gesucht. Die Fluglinie Emirates hatte im April zum Beispiel probeweise Antikörper-Schnelltests für Passagere in Dubai angeboten. Ein Tropfen Blut, zehn Minuten Wartezeit, dann ging es weiter. Doch solche Tests gelten bei akuten Infektionen als zu unsicher. Hongkong hatte ebenfalls bereits Mitte April als erster Flughafen verpflichtende Corona-Tests bei der Einreise eingeführt, doch selbst ein negatives Ergebnis schützt dort nicht vor der Quarantäne. Für Flughäfen im Hochbetrieb wie in den Vor-Corona-Zeiten sind die Tests ohnehin wenig praktikabel: Sie sind zu teuer und zu zeitaufwendig, und überhaupt ließen sich Laborkapazitäten für Zehntausende Reisende wohl an keinem Flughafen realisieren.

Doch zunächst einmal geht es nur ums Vortasten, und auch die Internationale Luftverkehrsvereinigung IATA hält eine Gesundheitsabklärung bei den Passagieren für "ein Schlüsselelement zum Neustart unserer Branche". IATA-Chef Alexandre de Juniac plädierte bereits im April dafür, "einheitliche Maßnahmen überall auf der Welt zu schaffen". Günter Ofner, Vorstandschef des Flughafens Wien, stimmt dem energisch zu und fordert, "dass möglichst rasch die weltweiten Spielregeln geklärt werden, unter denen man sicher und gesund mit dem Flugzeug reisen kann".

Ofner sitzt mit Mundschutz im Vorzimmer. Er hat sich im neuen Flughafenlabor PR-gerecht als einer der ersten per Rachenabstrich auf Corona testen lassen. Dass gerade jetzt damit begonnen wird, erklärt er damit, dass es "früher große Engpässe gab und unser Partner nun erst in der Lage ist, das hier durchzuführen." Eine weitreichende Initialzündung für den Flugverkehr durch das Testlabor erwartet er zwar noch nicht. "Ich glaube ehrlich gesagt nicht, dass dadurch mehr reisen", sagt er. "Aber wer reist, kann immerhin die Quarantäne vermeiden." Es gehe nun darum, "proaktiv zu handeln".

© SZ vom 06.05.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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