Österreich:Eine Glücksfee zu viel

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Der ÖVP-Abgeordnete Dominik Schrott soll im Wahlkampf ein Gewinnspiel manipuliert haben. Nun gibt er der PR-Agentur die Schuld - ein Befreiungsschlag ist ihm damit nicht gelungen.

Von Peter Münch, Wien

Niemand kann behaupten, dass Dominik Schrott die Politik als Lotteriespiel betreibt. Vielmehr hat der Jungpolitiker von der Österreichischen Volkspartei stets zielstrebig an seiner Karriere gearbeitet, gern auch im Schlepptau des ebenfalls jungen und zielstrebigen ÖVP-Politikers Sebastian Kurz. Als Kurz im Oktober umringt von einer Jungschar die Wahl gewann und mit 31 Jahren zum Kanzler aufstieg, zog Schrott mit 30 Jahren zum ersten Mal ins Parlament ein. Dank kräftigen Wahlkampf-Wirbels erreichte er sein Mandat nicht über die Tiroler Liste, sondern über Vorzugsstimmen. Geködert hat er die Wähler zum Beispiel mit einem lukrativen Gewinnspiel. Diese Tombola aber holt Schrott nun mit großem Tamtam wieder ein, denn bei der Auslosung soll so kräftig geschummelt worden sein, dass die junge Karriere nun schon wieder vor dem Ende stehen könnte. Ein hartes Los.

Die Genese: Als Hauptpreis hatte Schrott bei seinem Gewinnspiel eine Saisonkarte für sämtliche Tiroler Skigebiete ausgelobt, im Wert von 797 Euro. Auf einem dazu verbreiteten Video ist zu sehen, wie der Wahlkämpfer seine "Glücksfee Sarah" mit der Ziehung beauftragt und dann freudig der Gewinnerin "Karin K." gratuliert. Der oft sehr gut informierte politische Blogger Markus Wilhelm enthüllt allerdings nun auf seiner Webseite "dietiwag.org", dass es diese Gewinnerin gar nicht gibt. Karin K. alias Karin Kirchmair, die Schrott via Facebook auch tüchtig im Wahlkampf anfeuerte ("Go, go, go, Dominik Schrott. Du schaffst das") ist demnach ein Fake-Profil, erfunden von der PR-Agentur "Smart Ventures", die dem Wahlkampf Schwung verleihen sollte.

Die Beweise: Die angebliche Karin Kirchmair taucht wenig später erneut als Gewinnspiel-Siegerin auf, diesmal bei einem ebenfalls von "Smart Ventures" betreuten Trachtenmodengeschäft. Ihr Preis ist nun ein iPhone X im Wert von 1000 Euro. Bei der Preisverleihung tritt Fotos zufolge die vormalige Glücksfee Sarah in der Rolle der Karin Kirchmair auf. Laut Blogger Wilhelm bekam sie dafür 50 Euro und musste das Handy gleich wieder abgeben.

Die Konsequenzen: Dominik Schrott, der persönlich nicht zu erreichen war, veröffentlichte umgehend über den ÖVP-Parlamentsklub eine Erklärung, in der er einen "Fehler" seiner Agentur einräumte, mit der er "sofort jegliche Zusammenarbeit beendete". Bis zum Einzug ins Parlament war Schrott allerdings selbst bei dieser Agentur angestellt. Den Agenturchef beschäftigte er anschließend als parlamentarischen Mitarbeiter. Den hat er nun gleich mitgefeuert, weil ihm erklärtermaßen "ein transparentes und sauberes Vorgehen wichtig" sei. Obendrein hat er angekündigt, 1000 Euro an ein SOS-Kinderdorf zu spenden - "um alle weiteren Vorwürfe zu entkräften", wie er meint.

Oder die Geschichte mit den vielen Facebook-Likes, die aus Indonesien oder Benin stammten

Ein Befreiungsschlag ist ihm damit allerdings nicht gelungen. Vonseiten der Opposition, aber auch aus der eigenen Partei gerät Schrott nun unter Druck. Dabei holen ihn auch ein paar andere Ungereimtheiten aus seinem windstarken Wahlkampf wieder ein. Zum Beispiel die Geschichte mit den vielen Facebook-Likes, die aus Indonesien oder Benin stammten. Oder die Sache mit dem angeblichen Brief von Sebastian Kurz samt dessen persönlicher Unterschrift, den Schrott in seinem Wahlkreis verbreitete. Kurz empfahl den Wählern darin, seinem "langjährigen Weggefährten und Freund" Dominik Schrott bei der Wahl die Vorzugsstimme zu geben. Kaum war der Brief verteilt, erklärte die Bundes-ÖVP, Kurz habe so etwas weder gesehen noch unterschrieben. Schrott bekam trotzdem insgesamt 7093 Vorzugsstimmen und schnappte damit der bisherigen ÖVP-Abgeordneten und Listenersten Elisabeth Pfurtscheller das Parlamentsmandat weg.

Auch das könnte sich nun rächen. Ein Tiroler Parteifreund, der Wirtschaftskammer-Präsident Jürgen Bodenseer, sieht die Affäre als "Belastung" für die ÖVP und fordert "persönliche Konsequenzen". Soweit wollte Kanzler Kurz nicht gehen. Auch er kritisiert, Schrotts Verhalten sei "sehr unehrlich gewesen". Aber immerhin habe er mit der Trennung von der Agentur "schnell reagiert".

© SZ vom 23.08.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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