Österreich:Die Koalition steht

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ÖVP und FPÖ einigen sich in Wien offenbar über die neue Rechtsregierung. Dann wird Sebastian Kurz mit 31 Jahren Kanzler. Voraussichtlich steht das Land vor einer konservativen Wende. Bedenken im Ausland versucht man zu zerstreuen.

Von Peter Münch, Wien

Österreich wird künftig von einer rechten Regierung aus Volkspartei (ÖVP) und FPÖ regiert. Die Einigung in den Koalitionsverhandlungen sollte am Freitagabend (nach Andruck dieser Ausgabe) bekannt gegeben werden. ÖVP-Chef Sebastian Kurz wird damit mit 31 Jahren zum Kanzler, die rechtspopulistische FPÖ besetzt wichtige Ministerien. Nach der Parlamentswahl vom 15. Oktober, die beiden Parteien kräftige Gewinne beschert hatte, war in den vergangenen acht Wochen weitgehend reibungslos das neue Bündnis ausgehandelt worden. Es wird die seit 2007 durchgehend von einem sozialdemokratischen Kanzler geführte große Koalition ablösen.

Dass das geplante Rauchverbot gekippt wurde, verursachte die größte Aufregung

Details zum Regierungsprogramm und zur Personalliste für die Ministerien sollten erst im Verlauf des Wochenendes bekannt gemacht werden. Zunächst muss noch Bundespräsident Alexander Van der Bellen informiert werden, der als angestammter Grüner die Verhandlungen mit großer Wachsamkeit begleitet hatte. Die Parteigremien von ÖVP und FPÖ waren vorsorglich bereits für diesen Samstagmorgen einberufen worden.

Was bislang aus den Koalitionsverhandlungen nach außen gedrungen war, deutet auf eine konservative Wende hin. Am deutlichsten wird das in der Flüchtlingspolitik, die schon den Wahlkampf dominiert hatte. So sollen abgelehnte Asylbewerber schneller abgeschoben und die Zuwendungen für Migranten gekürzt werden. Für die größte Aufregung hatte allerdings gesorgt, dass auf Druck der FPÖ das bislang geplante absolute Rauchverbot in Gaststätten ab Mai 2018 wieder gekippt wurde.

Demonstrativ bemüht zeigten sich die Koalitionspartner darum, die Vorbehalte gegen die rechte Regierung im Ausland zu zerstreuen. So wurde vereinbart, zwar allgemein die direkte Demokratie zu stärken, aber explizit keine Volksabstimmung über Österreichs EU-Mitgliedschaft zu erlauben. Sebastian Kurz hatte stets betont, seine Regierung werde "pro-europäisch sein oder nicht sein". Die Europa-Politik soll demnach auch aus dem Außenministerium ausgegliedert und im Kanzleramt angesiedelt werden. Die FPÖ hat zwar den Anspruch auf das Außenministerium erhoben, aber dafür eine Parteilose nominiert, die Ex-Diplomatin und Nahostexpertin Karin Kneissl.

© SZ vom 16.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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