Österreich:Am Pranger

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Die FPÖ wirft dem jungen Afghanen Eltaf H., eigentlich ein Vorzeige-Lehrling, vor, Terrorismus zu unterstützen - und zeigt ihn an. Die österreichische Justiz gibt dann schnell Entwarnung: alles eine Verwechslung.

Von Peter Münch, Wien

Eltaf H. ist ein junger Asylbewerber aus Afghanistan, er hat die Wirren der Flucht hinter sich und in Österreich das große Glück gehabt, einen Ausbildungsplatz in einem Supermarkt zu finden. Das ist kein Grund für Auftritte im großen Scheinwerferlicht, doch die Politik hat den jungen Afghanen nun aus verschiedensten Motiven auf die offene Bühne gestellt - und dort hat ihm dann die FPÖ übel mitgespielt.

Es begann Mitte August mit einem medienwirksam inszenierten Besuch des Bundespräsidenten persönlich am Arbeitsplatz des Lehrlings. Alexander Van der Bellen wollte damit die Initiative "Ausbildung statt Abschiebung" unterstützen, die Asylbewerbern weiterhin Zugang zu Lehrstellen in Mangelberufen sichern will. Im Tross war damals auch der in Oberösterreich für Integration zuständige grüne Landesminister Rudi Anschober, der anschließend ein Foto vom Ereignis auf seine Facebook-Seite stellte.

Dort schnüffelte offenbar der FPÖ-Fraktionschef im Bundesparlament Johann Gudenus herum - und stieß auf Stoff zur Skandalisierung: Vom Bild führte ein Link zu einem Facebook-Profil, in dem eine Organisation namens Liwa Fatemiyoun, auch Hisbollah Afghanistans genannt, gelikt wurde. Der "Asyl-Musterlehrling" sei in Wahrheit wohl ein Terror-Unterstützer, verkündete die FPÖ, und Gudenus brachte zur Gefahrenabwehr sogleich eine Anzeige gegen den jungen Afghanen ein.

Die Staatsanwaltschaft, die nun tätig werden musste, fand allerdings schnell heraus, dass es sich bei dem von der FPÖ angezeigten Facebook-Nutzer gar nicht um den Lehrling handelt. Es liege eine "Verwechslung" vor. Die FPÖ hat somit einen unschuldigen Asylbewerber verleumdet und an den Pranger gestellt. Auch Gudenus hat das einsehen müssen, doch auf eine Entschuldigung wird man wohl vergebens warten. In einer knappen Erklärung teilte er mit: "Die Sache ist für uns erledigt."

© SZ vom 08.09.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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