Journalisten sind es in Österreich gewohnt, dass Politiker sich bei ihnen beschweren über unliebsame Berichterstattung. Seit Amtsantritt der ÖVP/FPÖ-Regierung haben diese Proteste ein alarmierendes Ausmaß angenommen - und es wird offen mit Konsequenzen gedroht. Neuester Fall in der Reihe von Angriffen auf die freie Presse: der Schlagabtausch zwischen ORF-Moderator Armin Wolf und der FPÖ nach einem kritischen Studiogespräch mit einem Kandidaten der "Freiheitlichen". Mehrere Politiker der Regierungspartei haben nun den Rauswurf Wolfs gefordert. Dass so etwas überhaupt möglich ist, zeigt, wie weit sich der Diskurs in Österreich nach rechts verschoben hat.
Jahrzehntelang hat die FPÖ die Grenzen des Sagbaren immer weiter ausgereizt. Als Kanzler Sebastian Kurz von der ÖVP mit den Rechtspopulisten eine Regierung bildete, machte er sie endgültig salonfähig. Und er hat ihre rechtsradikalen Ausfälle weitgehend toleriert, um die eigene Agenda nicht zu gefährden. Das hat zur Folge, dass nicht nur rechtsextremes Vokabular kaum noch Aufsehen erregt, sondern auch Angriffe auf die Pressefreiheit schulterzuckend hingenommen werden. Mit den Attacken auf Wolf haben diese Angriffe ihren vorläufigen Höhepunkt erreicht.
Die Organisation "Reporter ohne Grenzen" stufte Österreich zuletzt bei der Bewertung der Pressefreiheit von Platz elf auf Platz 16 herunter. Wenn die FPÖ weiterhin unbehelligt schalten und walten kann, dürfte es weiter nach unten gehen.