NSU-Prozess:Zschäpe: Ich bin ein mitfühlender Mensch

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Zum Ende des Prozesses beteuert die Hauptangeklagte ihre Unschuld und ihr Mitleid mit den Angehörigen der Opfer.

Von Annette Ramelsberger, München

Nach mehr als fünf Jahren und insgesamt 437 Verhandlungstagen soll der Prozess gegen die rechtsextremistische Terrorgruppe Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) nun zu Ende gehen. Der Vorsitzende des 6. Strafsenats des Oberlandesgerichts München, Manfred Götzl, bestimmte am Dienstag den 11. Juli als Tag für das Urteil. In einem Schlusswort beteuerte die Hauptangeklagte Beate Zschäpe, dass sie von den Planungen der Mordtaten ihrer Gefährten Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt nichts gewusst habe.

Wiederholt sei ihr vorgeworfen worden, sagte Zschäpe, dass sie wider besseres Wissen nicht zur Aufklärung der näheren Umstände beitrage: "Deshalb hier noch mal: Ich hatte und ich habe keinerlei Kenntnisse darüber, warum gerade diese Menschen an gerade diesen Orten von Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos ausgewählt wurden." Die beiden hatten in den Jahren zwischen 2000 und 2007 neun Migranten und eine Polizistin ermordet.

Zschäpe sagte, jedes ihrer Worte werde gegen sie ausgelegt. Sie betonte, sie habe Mitleid mit den Angehörigen der Opfer. "Ich bin ein mitfühlender Mensch und habe sehr wohl den Schmerz, die Verzweiflung und die Wut der Angehörigen sehen und spüren können. All das hat mich selbstverständlich betroffen gemacht und belastet mich bis heute sehr." Sie könne ihre Gefühle nur nicht so zeigen.

Am Schluss wandte sich Zschäpe an das Gericht, es möge ein Urteil fällen, das unbelastet von öffentlichem und politischem Druck sei. "Bitte verurteilen Sie mich nicht stellvertretend für etwas, was ich weder gewollt noch getan habe."

Der Hauptangeklagten wird vorgeworfen, als Mittäterin an den zehn Morden, 15 Raubüberfällen und zwei Bombenanschlägen des NSU schuldig zu sein, obwohl sie nach bisheriger Erkenntnis an keinem Tatort war. Ihr droht lebenslange Haft. Für die Mitangeklagten fordert die Anklage bis zu zwölf Jahre Haft.

Der Mitangeklagte Ralf Wohlleben, der weiter fest in der rechten Szene verankert ist, erklärte in seinem Schlusswort lediglich, er schließe sich den Ausführungen seiner Anwälte an. Die hatten im Abschlussplädoyer Hitler und Göring zitiert und erklärt, der Nationalsozialismus sei eine Art friedliebende Weltanschauung gewesen. André E., ein bekennender Neonazi, sagte kein Wort, der Angeklagte Holger G. entschuldigte sich kurz bei den Angehörigen der Opfer.

Nur der Mann, der dem NSU die Tatwaffe für neun Morde übergeben hatte und kurz darauf aus der rechten Szene ausgestiegen war, ergriff noch einmal länger das Wort. Carsten S. sagte, er habe einen Fehler begangen, den er versucht habe auszubügeln. "Ich war damals nicht ich selbst. Auf der Suche nach mir bin ich in die falsche Richtung gelaufen." Er habe sich selbst da rausgezogen, aber: "Schuld lässt sich nicht abtragen. Ich werde so daran arbeiten, als ginge es." Zum Urteil werden Angehörige der zehn Mordopfer aus der ganzen Republik, der Türkei und Griechenland erwartet.

© SZ vom 04.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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