NSU-Prozess:Stellvertretende JVA-Leiterin soll über Zschäpes Verhalten in Haft aussagen

Lesezeit: 2 min

Beate Zschäpe mit ihrem Verteidiger Mathias Grasel (Archivbild aus 2016). (Foto: dpa)
  • Beate Zschäpes Verteidiger lassen das Gericht erneut warten. Der Richter verliert die Geduld.
  • Er lädt kurzerhand die Vizechefin der JVA München-Stadelheim als Zeugin im NSU-Prozess.
  • Mariona Hauck soll am Mittwoch zu Zschäpes Verhalten in der Untersuchungshaft aussagen.

Aus dem Gericht von Wiebke Ramm

Richter Manfred Götzl verliert die Geduld. Kurzerhand hat der Vorsitzende Richter am Dienstag die stellvertretende Leiterin der Justizvollzugsanstalt (JVA) München-Stadelheim und zugleich Leiterin der Frauenabteilung des Gefängnisses, Mariona Hauck, darüber informiert, dass sie am nächsten Tag als Zeugin im NSU-Prozess aussagen soll.

Hauck soll sich am Mittwoch vor dem Oberlandesgericht München zu Beates Zschäpes Verhalten in der Untersuchungshaft äußern. Der Richter hat damit auf wiederholte Verzögerungen durch die Verteidigung reagiert. Zschäpes Verteidiger wollten nicht die Abteilungsleiterin, sondern eine Justizvollzugsbeamtin als Zeugin hören.

Gleich zu Beginn des Verhandlungstages hatte der Richter am Dienstag das Wort an Zschäpes jüngsten Verteidiger, Mathias Grasel, gerichtet. Der Richter wollte von Grasel den angekündigten Antrag hören. Grasel und sein Kollege Hermann Borchert hatten bereits vergangenen Mittwoch beantragen wollen, eine Justizvollzugsbeamtin als Zeugin im NSU-Prozess zu hören. Am Mittwoch vertröstete Borchert das Gericht auf diese Woche.

An diesem Dienstag nun fehlte Borchert - und Grasel sagte: "Der Beweisantrag konnte aus organisatorischen Gründen noch nicht fertiggestellt werden, tut mir leid." Richter Götzl reagierte ungehalten: "Was heißt hier aus organisatorischen Gründen?" Er wies darauf hin, dass die Befragung des psychiatrischen Sachverständigen, Henning Saß, erst fortgesetzt werden kann, wenn der Antrag gestellt und die Zeugin gehört ist.

NSU-Prozess
:Beate Zschäpe - ist sie stark oder ist sie schwach?

Der Psychiater Henning Saß präsentiert dem Gericht zwei gegensätzliche Bilder der Hauptangeklagten - und lässt keinen Zweifel daran, welche Variante er für plausibel hält.

Aus dem Gericht von Annette Ramelsberger

"Wir hängen etwas in der Luft", sagte der Richter deutlich verärgert. "Das ist mir durchaus bewusst", antwortete Verteidiger Grasel: "Allerdings bedarf es noch einer Abklärung, die wir noch nicht haben vornehmen können." Als Grasel sagte, dass er auch nicht versprechen könne, dass der Beweisantrag am nächsten oder übernächsten Tag fertig ist, unterbrach der Richter die Verhandlung für zehn Minuten. Dann gab er bekannt, dass der Senat die stellvertretende JVA-Leiterin für den Folgetag als Zeugin geladen hat.

Was wird die Abteilungsleiterin sagen?

Mariona Hauck soll über Zschäpes Verhalten in der Untersuchungshaft aussagen. Und damit nicht die Zeugin, die Grasel und Borchert hören wollten. Es ist anzunehmen, dass die Verteidiger eine Beamtin ins Auge gefasst hatten, von der Zschäpe, Grasel und Borchert erwarten, dass sie in erster Linie Gutes über Zschäpe - auch im Umgang mit migrantischen Mitgefangenen - zu berichten hat.

Ob sich auch die Abteilungsleiterin des Frauengefängnisses überwiegend positiv über die Hauptangeklagte im NSU-Prozess äußert, wird sich am Mittwoch zeigen. Grasel jedenfalls tippte hektisch auf sein Handy, als der Richter seine Überraschungszeugin ankündigte. Grasel dürfte umgehend Borchert informiert haben. Womöglich gerät das ursprünglich geplante Verteidigungsmanöver zum Eigentor.

Zschäpe ist seit November 2011 in Untersuchungshaft, zunächst in Köln, dann in München. Die 42-Jährige muss sich unter anderem wegen Gründung der Neonazi-Terrororganisation "Nationalsozialistischer Untergrund" (NSU), Mittäterschaft an zehn überwiegend rassistisch motivierten Morden, zwei Sprengstoffanschlägen und 15 Raubüberfällen vor Gericht verantworten.

© SZ.de - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

NSU-Prozess
:Zschäpe spricht nun doch mit Psychiater

Die Hauptangeklagte im NSU-Prozess hat dem gerichtlichen Gutachter Besuche bisher verweigert. Nun stimmt sie doch vertraulichen Gesprächen zu - allerdings mit einem anderen Psychiater.

Aus dem Gericht von Wiebke Ramm

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: