- Im NSU-Verfahren wurde am Donnerstag die Erklärung der Hauptangeklagten Beate Zschäpe für den Bruch mit ihren Anwälten erwartet. Nun hat sie eine Fristverlängerung bekommen.
- Nachdem die Verteidiger und die Bundesanwaltschaft reagiert haben, muss der Senat entscheiden.
Zschäpe bekommt Fristverlängerung
Wie die SZ erfuhr, hat das Münchner Oberlandesgericht (OLG) der Hauptangeklagten im NSU-Prozess für ihre Stellungsnahme eine Fristverlängerung bis einschließlich Freitag, 18. Juli 2014, gewährt. Eigentlich war am Donnerstag eine Erklärung von Beate Zschäpe erwartet worden. Sie sollte begründen, warum sie ihren drei Pflichtverteidigern Wolfgang Heer, Anja Sturm und Wolfgang Stahl das Vertrauen entzogen hat.
Um kurz nach zwei Uhr teilte das Gericht mit, bislang sei nichts eingegangen."Der Angeklagten wurde eine Frist zur Antragsbegründung bis 14 Uhr gesetzt", erklärte Sprecherin Andrea Titz auf Anfrage von Süddeutsche.de. Das sei aber keine Ausschlussfrist, sie könne im Bedarfsfall auch verlängert werden. Mit der Verfügung des OLG ist das nun geschehen.
Senat muss entscheiden
Wenn Zschäpes Erklärung eingegangen ist, erhalten die Verteidiger eine Frist zur Stellungnahme. Wie lange diese angesetzt werde, hänge sicher vom Umfang der Antragsbegründung der Angeklagten und von dem Zeitpunkt, zu dem die Begründung bei Gericht eingeht und den Verteidigern weitergeleitet werden kann, ab, sagte Titz. Dann muss der Senat entscheiden - spätestens bis zum nächsten Hauptverhandlungstermin. Und der ist nach derzeiter Planung, wie das OLG am Donnerstag mitteilte, für kommenden Dienstag angesetzt.
NSU-Prozess:Beate Zschäpe entzieht Verteidigern das Vertrauen
Überraschung im NSU-Prozess: Die Angeklagte Beate Zschäpe hat das Vertrauen in ihre drei Rechtsanwälte Stahl, Sturm und Heer verloren. Sie könnte sich mit ihren Verteidigern nicht einig sein, ob die Strategie des Schweigens die richtige ist. Doch so einfach entlassen kann sie ihre Anwälte nicht.
Zschäpe hatte sich am Mittwochmittag einem der Wachbeamten offenbart, der das Gericht über den Vertrauensentzug informierte. Ihre Verteidiger wollten sich zunächst nicht dazu äußern. Die laufende Vernehmung des ehemaligen V-Manns Tino Brandt wurde daraufhin abgebrochen. Der für Donnerstag anberaumte Verhandlungstermin entfällt. Die Termine für die kommende Woche hielt das Gericht zunächst aufrecht.
Zschäpe kann Verteidiger nicht einfach entlassen
Sollte das Gericht Zschäpes Verteidiger entpflichten, könnte das das Verfahren verzögern oder im schlimmsten Fall platzen lassen. Allerdings rechnen Prozessbeteiligte derzeit nicht damit. Zschäpes Verteidiger sind vom Gericht bestellte Pflichtverteidiger. Sie kann sie darum nicht auf eigenen Wunsch entlassen. Vielmehr muss sie das Gericht überzeugen, dass das Vertrauensverhältnis tatsächlich zerrüttet ist. Und nicht umsonst hat Zschäpe gleich drei Pflichtverteidiger, die Höchstzahl, die laut Gesetz zugelassen ist. Möglich wäre also, dass es bei den bisherigen Verteidigern bleibt oder nur einer von ihnen das Mandat aufgibt.
Die Ankläger von der Bundesanwaltschaft hatten am Mittwoch erklärt, Anträge auf einen Wechsel der Verteidiger kämen bei Prozessen immer wieder vor. "Es wird ihnen aber nur in sehr seltenen Ausnahmefällen entsprochen." OLG-Sprecherin Andrea Titz sagte am Donnerstag: "Über das Risiko, dass das Verfahren neu begonnen werden muss, kann und werde ich derzeit nicht spekulieren."
Nebenkläger hoffen auf Aussage
Einige Prozessbeteiligte, vor allem aufseiten der Nebenkläger, äußerten die Vermutung, Zschäpe könnte nun gewillt sein, eine Aussage vor Gericht zu machen. An den bisherigen Verhandlungstagen hatte sie, offenkundig auf Anraten ihrer Verteidiger, zu allen Vorwürfen beharrlich geschwiegen.
Meinung Zschäpe-Verteidigung im NSU-Prozess:Zeit für eine neue Strategie
Beate Zschäpe will ihre Anwälte loswerden - aber so einfach ist das nicht. Doch selbst wenn die Verteidiger bleiben, wird nichts mehr so sein wie zuvor. Schweigen allein ist zu wenig, um die Anklage zu entkräften. Möglicherweise hat Zschäpe das schneller erkannt als ihre Anwälte.
"Ich sehe die Anklageschrift der Bundesanwaltschaft nach 128 Verhandlungstagen voll bestätigt", sagte Rechtsanwalt Mehmet Daimagüler dem Kölner Stadt-Anzeiger. Er glaubt, dass Zschäpe mit der Trennung von ihren Verteidigern auf die schwindenden Chancen im Verfahren reagiert. "Zschäpe muss richtigerweise davon ausgegangen sein, dass es auf eine Verurteilung hinausläuft."
Die Mordserie des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) wird seit Mai 2013 vor dem Oberlandesgericht in München verhandelt. Hauptangeklagte ist die mutmaßliche Rechtsextreme Zschäpe, der unter anderem die Mittäterschaft an zehn Morden und Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung vorgeworfen wird.