NPD-Verbot:Antrag der Länder geht in Karlsruhe ein

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Der NPD-Verbotsantrag der Länder ist beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe eingegangen. Während sich ein Großteil der Landespolitik zuversichtlich zeigt, mehren sich Stimmen, die an den Erfolgsaussichten eines Verbots der rechtsextremen Partei zweifeln.

Nach monatelanger Vorbereitung haben die Länder einen neuen Verbotsantrag gegen die rechtsextreme NPD beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe eingereicht. Das mehr als 250 Seiten lange Dokument sei per Bote angekommen, wurde am Dienstagnachmittag berichtet.

Die Bundesländer versuchen in der Antragsschift vor allem, Parallelen zwischen der Ideologie der NPD und den Nationalsozialisten des Dritten Reiches aufzuzeigen. Hier gebe es eine "Wesensverwandtschaft", die für sich schon ein Verbot rechtfertige, argumentieren sie.

Der Bundesrat stellt den Verbotsantrag als einziges Verfassungsorgan. Bundesregierung und Bundestag haben sich nicht angeschlossen. Die Linke forderte eine erneute Parlamentsentscheidung. "Es wäre gut, wenn auch der Bundestag den Braunen die rote Karte zeigen würde. Die Erfolgsaussichten steigen mit dem Rückhalt der Verfassungsorgane", sagte Linken-Chef Bernd Riexinger der Passauer Neuen Presse. "Ein fraktionsübergreifender Antrag hätte im neuen Bundestag eine bessere Chance durchzukommen, vor allem wenn ohne Fraktionszwang abgestimmt wird."

Ein erster Anlauf für ein NPD-Verbot war 2003 gescheitert, weil der Verfassungsschutz damals auch in der Parteispitze Informanten hatte. Skeptiker warnen auch diesmal vor den hohen Hürden für ein Parteiverbot. Die Länder sind dagegen sicher, dass sie stichhaltiges Material für ein erfolgreiches Verbotsverfahren gesammelt haben.

Landespolitiker zeigen sich optimistisch

Der neue Verbotsantrag ist aus Sicht von Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD) solide untermauert. "Wir sind der Überzeugung, dass wir gutes Material zusammengetragen haben, unbelastetes Material, frei von V-Leuten, das testieren wir ja auch", sagte Pistorius in Hannover. Die Begründung der Prozessbevollmächtigten der Länder sei außerordentlich schlüssig und stringent.

Baden-Württembergs Innenminister Reinhold Gall (SPD) bedauerte, dass sich Bundestag und Bundesregierung der Initiative des Bundesrates nicht angeschlossen haben. In der Sache mache das zwar keinen Unterschied, sagte er, "aber um ein deutliches Signal nach außen zu geben, wäre es gut gewesen, wenn am besten beide mitgemacht hätten." Wenn man an die Zivilgesellschaft appelliere, dass der Kampf gegen den Rechtsextremismus eine gemeinsame Aufgabe sei, wäre es logisch gewesen, wenn der Staat hier einheitlich aufgetreten wäre.

Nordrhein-Westfalens Innenminister Ralf Jäger (SPD) sagte den Ruhr Nachrichten, ein Verbot der NPD sei wichtig, um ihr die logistische Basis zu entziehen. Im Falle eines Erfolges in Karlsruhe wäre endlich Schluss damit, dass aus Steuermitteln Wahlkampfkosten der Rechtsextremisten erstattet werden müssten. "Wir dürfen nicht der Schuster sein, der diese Springerstiefel im Zuge der Parteienfinanzierung ständig neu besohlt", sagte der SPD-Politiker.

Sachsens Innenminister Markus Ulbig (CDU) sagte der Leipziger Volkszeitung, es sei wichtig, dass der Staat seine Grenzen benenne und durchsetze. "Der Verfall der NPD ist eine Hypothese, auf die ich mich nicht verlassen will." Man könne als Staat "die Dinge nicht laufen lassen, wenn auf dem Rücken der Freiheit unsere Demokratie kaputt gemacht wird". Auch aus Sicht von Sachsen-Anhalts Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) spielt es keine Rolle, dass die NPD derzeit geschwächt ist. Eine wehrhafte Demokratie müsse sich mit einer solchen Partei auseinandersetzen - "egal wie groß sie ist, egal welche Erfolgsaussichten sie in Wahlen hat".

Skeptisch zu den Erfolgsaussichten des Antrags äußerte sich der Bundesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt. "Ich befürchte, dass im Lauf des Verfahrens trotz aller gegenteiligen Versicherungen doch noch ein V-Mann des Verfassungsschutzes auftaucht und das Verfahren deswegen vom Gericht gekippt wird", sagte er der Zeitung Welt.

Hessens Justizminister äußert "schwerwiegende rechtliche Bedenken"

Auch der frühere Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Hans-Jürgen Papier, zweifelt an den Erfolgsaussichten. "Ein Verbot politischer Parteien muss die äußerste Ausnahme sein", um eine Partei verbieten zu können, gebe es hohe Hürden, sagte Papier im RBB-Inforadio. Die Vertretung und Verbreitung verfassungswidriger Ideen allein reichten für ein Verbot nicht aus - es müsse auch eine aggressiv-kämpferische, aktiv-kämpferische Haltung gegenüber den Grundwerten und dem Kernbestand der verfassungsmäßigen Ordnung hinzukommen.

Scharfe Kritik äußerte auch Hessens Justizminister Jörg-Uwe Hahn. Der FDP-Politiker meldete in der Bild-Zeitung "schwerwiegende rechtliche Bedenken gegen einen solchen Antrag" an und warnt vor den Folgen eines Scheiterns. Der Verbotsantrag sei "reine Symbolpolitik". Selbst wenn die verfassungsgerichtlichen Hürden überwunden würden, müssten die rechtlichen Voraussetzungen für ein Partei-Verbot auf Ebene des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte in Straßburg vorliegen. Danach reiche es nicht aus, eine staatsfeindliche und antidemokratische Gesinnung zu haben, sondern es müsse eine "echte Gefahr der Machtübernahme drohen". Das sei bei Wahlergebnissen zwischen 0,8 und 1,3 Prozent schwierig.

© Süddeutsche.de/AFP/dpa - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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