Nordrhein-Westfalen:Unter der Hand

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Eine offiziell wirkende Dienst-Anweisung an Polizeibeamte sorgt für Aufregung im Internet. Der Inhalt: Die Polizei soll mit aller Macht Kriminalität, die durch Flüchtlinge oder Asylbewerber verübt wird, vertuschen. Nun ist klar: Es ist eine Fälschung.

Das Polizeigesetz des Landes Nordrhein-Westfalen fristet für gewöhnlich ein bescheidenes Dasein. Doch seit Dienstagabend hat eine vermeintlich zum Gesetz gehörige Verordnung einigen Wirbel verursacht - wäre die Verordnung echt gewesen, wäre der Wirbel auch zu Recht entstanden. Im Internet war ein zweiseitiges Schreiben aufgetaucht mit der Überschrift "Vorschrift zur Verhaltensweise der Polizeibeamten des Landes Nordrhein-Westfalen in Sachen Ausländerkriminalität". Das Anschreiben "an den Polizeipräsidenten von Köln und Leverkusen" gab dem Ganzen einen noch offizielleren Anstrich, stammte es doch dem Anschein nach vom zuständigen Innenminister Herbert Reul (CDU) persönlich, Briefkopf und Unterschrift inklusive. Online gestellt wurde das Schreiben von einem vermeintlichen Polizisten, dem das Dokument nur "durch einen glücklichen Zufall in die Hände geraten" sei. Der Inhalt: Die Polizei soll mit aller Macht Kriminalität, die durch Flüchtlinge, Asylbewerber oder Personen mit Migrationshintergrund verübt wird, vertuschen. So sollen etwa in solchen Fällen "jegliche Kontakte mit den Massenmedien ausgeschlossen werden". Eine "Durchsickerung" von Details an die Medien sei zu verhindern. Sollten Delikte von dieser Personengruppe verübt worden sein, solle kein Strafverfahren eingeleitet - sondern ein Verweis erteilt werden. Protokolle sollten "mit Bleistift" ausgefüllt werden, "so dass eine weitere Berichtigung möglich ist".

Das Schreiben verfehlte trotz seiner offenkundigen Abstrusität seine Wirkung nicht. Die ehemalige CDU-Bundestagsabgeordnete Erika Steinbach schrieb etwa: "Verbrechen am Rechtsstaat, sollte das zutreffen", und: "Mündlich habe ich dergleichen unter der Hand von hessischen Polizisten gehört". Nachdem offenkundig wurde, dass es sich um eine Fälschung handelte, löschte Steinbach den Beitrag von ihrer Seite.

Die Polizei reagierte auf Twitter mit dem Hinweis "Fake" und der Minister selbst teilte mit: "Diese perfide Fälschung führt uns erneut vor Augen, wie dreist geistige Brandstifter Stimmung gegen Ausländer machen." Er könne die Bürger "nur bitten, auf derartige Propaganda nicht hereinzufallen und bei angeblichen Nachrichten in sozialen Netzwerken kritisch zu sein". Der Staatsschutz ermittelt, und den vermeintlichen Polizisten gibt es gar nicht.

© SZ vom 17.08.2017 / SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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