Erste Krise für die Regierung des neuen nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Armin Laschet (CDU): Zwei Wochen nach ihrer Ernennung zur Landwirtschaftsministerin steht die CDU-Politikerin Christina Schulze Föcking bereits heftig in der Kritik. Die RTL-Sendung "stern TV" hatte am Mittwochabend heimlich von Tierschützern gefilmte Bilder vom Schweinemastbetrieb der Familie ausgestrahlt. Sie zeigen etliche stark verletzte Tiere mit angefressenen, entzündeten Schwänzen oder geschwollenen Gelenken in einem verdreckten Stall.
Nach Angaben des Vereins "Tierretter" waren die Aufnahmen Anfang März und Mitte Juni dieses Jahres gedreht worden. "Was uns schockiert hat, sind aber nicht so sehr die Bilder, denn so etwas sehen wir beinahe jeden Tag. Viel schlimmer ist, dass die Politik der Ministerin sich im Zustand ihrer Tiere widerspiegelt", kritisiert Christian Adam von dem Verein im Gespräch mit dem Kölner Stadt-Anzeiger. "Sie fordert weniger Bürokratie in der Landwirtschaft. Jetzt haben wir gesehen, warum." Die Ministerin äußerte sich auf Anfrage in einer knappen Mitteilung: "Der Betrieb hat eine umfassende Stellungnahme abgegeben, sehr offen und im Detail. Alle Vorgänge sind dokumentiert. Zudem hat sich mit dem Landkreis Steinfurt die für den Tierschutz zuständige Behörde klar geäußert." Ihr Ehemann und Geschäftsführer des Betriebs, Frank Schulze Föcking, räumt in einer sechsseitigen Stellungnahme ein: "In einem kurzen Zeitraum des ersten Halbjahres 2017 kam es innerhalb der Mast des Betriebes zu außergewöhnlichen Krankheitsverläufen, die umfangreiche Handlungen zum Wohle der Tiere erfordert haben." Von 940 Ferkeln, die dem Betrieb im März geliefert worden waren und die "von Anfang an deutlich verhaltensauffälliger" gewesen seien, hätten 31 Tiere notgetötet werden müssen oder seien verendet. Alle Kontrollen des Kreisveterinäramts und der Bestandstierärztin seien aber ohne Beanstandungen verlaufen. Eine Sprecherin des Kreises Steinfurt bestätigte auf Anfrage des Stadt-Anzeiger, dass der Leiter des Veterinäramts, Christoph Brundiers, noch vor wenigen Tagen im Rahmen einer Routinekontrolle beide Ställe in der Bauerschaft Sellen kontrolliert habe. Dabei seien keine Missstände festgestellt worden. Für die Kontrolle bei Schulze Föcking habe es keinen besonderen Anlass gegeben. Den Angaben von Frank Schulze Föcking zufolge ist seine Frau seit Anfang Juli nicht mehr an den Betrieben beteiligt. Die Staatsanwaltschaft Münster prüfe, ob ein Anfangsverdacht für einen Verstoß gegen das Tierschutzgesetz vorliege, sagte Oberstaatsanwalt Martin Botzenhardt der Deutschen Presse-Agentur. Dies sei noch kein offizielles Ermittlungsverfahren. Anzeigen seien noch nicht bei der Staatsanwaltschaft eingegangen - weder von Tierschützern noch vonseiten der Familie Schulze Föcking wegen Hausfriedensbruchs. Die im Tierschutz engagierte Albert Schweitzer Stiftung bereitet nach eigenen Angaben eine Strafanzeige vor und forderte in einer Mitteilung, die Ministerin zu entlassen.
Die Grünen - die in der rot-grünen Vorgängerregierung den Minister für Landwirtschaft und Umwelt gestellt hatten - forderten die 40-jährige staatlich geprüfte Landwirtin indirekt zum Rücktritt auf. "Als Landwirtschaftsministerin kann Frau Schulze Föcking nicht mehr glaubwürdig auftreten, als Tierschutzministerin ist sie völlig fehl am Platz", betonte Landtagsfraktionschef Arndt Klocke in einer Mitteilung. Die SPD-Opposition forderte die Ministerin auf zu erklären, "ob sie sich noch dem Tierwohl verpflichtet fühlt oder ob für sie die Profitmaximierung an erster Stelle steht".