Nordkorea: Test von Kurzstreckenraketen:Die nächste Provokation

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Laut Angaben aus Südkorea hat das Regime in Pjöngjang zwei Kurzstreckenraketen an seiner Ostküste gezündet. Der UN-Sicherheitsrat verurteilte den Atomtest einstimmig.

Einen Tag nach seinem unterirdischen Atomwaffentest hat Nordkorea im Japanischen Meer nach Informationen aus Seoul zwei Kurzstreckenraketen mit einer Reichweite von etwa 160 Kilometern getestet. Das berichtete die südkoreanische Nachrichtenagentur Yonhap am Dienstag.

Der nordkoreanische Diktator Kim Jong Il mit Militärvertretern. (Foto: Foto: AP)

Demnach hatte Pjöngjang ein Gebiet an seiner Nordostküste zuvor zum Sperrgebiet für Schiffe erklärt. Offenbar wurde eine Boden-Luft-Rakete und eine Boden-Schiffs-Rakete abgefeuert. Nach Angaben von Yonhap wurde ebenfalls ein Gebiet im Gelben Meer zum Sperrgebiet erklärt - ein Anzeichen, dass auch dort Raketentests bevorstehen.

Das kommunistische Nachbarland setze sein "Säbelrasseln" fort, wurde ein südkoreanischer Beamte von der Agentur zitiert. Der Generalstab der Streitkräfte in Seoul bestätigte die Angaben bisher nicht.

Unterdessen sagte Präsident Barack Obama Südkorea und Japan seine Unterstützung zu. Wie das US-Präsidialamt in Washington mitteilte, vereinbarten Obama und sein südkoreanischer Amtskollege Lee Myung Bak eine enge Zusammenarbeit. Das nordkoreanische Atom- und Raketenprogramm bedrohe Sicherheit und Weltfrieden, hatte Obama zuvor erklärt. Nordkorea warf den USA vor, feindselig zu sein. Auf den neuen Test der Kurzstreckenraketen hat Washington noch nicht reagiert.

Am Montag hatte Nordkorea zum zweiten Mal nach 2006 eine Atomwaffe getestet und drei Kurzstreckenraketen abgefeuert. Dies wurde weltweit mit Besorgnis und Empörung aufgenommen. Der UN-Sicherheitsrat verurteilte den Test einstimmig. Das Land verstoße damit klar gegen UN-Resolutionen.

EU-Chefdiplomat Javier Solana erwägt neue Sanktionen gegen das abgeschottete Nordkorea. Die EU werde mit ihren Partnern beraten, ob weitere Maßnahmen notwendig seien, sagte er dem Hamburger Abendblatt. "Es ist klar, dass Nordkorea eine ernsthafte Gefahr für Frieden und Sicherheit darstellt."

Südkorea berief eine Krisensitzung der wichtigsten Militärkommandeure ein. Als weitere Reaktion kündigte die Regierung in Seoul ihren Beitritt zur US-Initiative gegen die Weiterverbreitung von Massenvernichtungswaffen (PSI) an. Die 2003 gegründete Initiative erlaubt unter anderem die Durchsuchung verdächtiger Schiffe. Bisher war Südkorea nur Beobachter. Nordkorea hatte wiederholt damit gedroht, eine Beteiligung Seouls an der Initiative als Kriegserklärung aufzufassen.

Die Regierung wolle sich an PSI beteiligen, weil Massenvernichtungswaffen und die Weiterverbreitung von Raketentechnologie eine ernste Bedrohung des Weltfriedens darstellten, sagte ein Ministeriumssprecher. Südkorea hatte bereits als Reaktion auf den umstrittenen Start einer Rakete mit größerer Reichweite in Nordkorea Anfang April erwogen, bei PSI als Vollmitglied einzusteigen, den Plan jedoch aufgeschoben. Bisher hatte das Land Beobachterstatus.

Offiziell richtet sich die 2003 ins Leben gerufene PSI nicht gegen ein bestimmtes Land. Doch wäre Südkorea als Mitglied aufgerufen, die mögliche Durchsuchung auch von verdächtigen nordkoreanischen Schiffen zu unterstützen. PSI sieht den Austausch von Informationen über den Transport von Massenvernichtungswaffen und praktische Übungen vor, bei der die Zusammenarbeit beim Abfangen verdächtiger Ladungen zu Land, auf See oder in der Luft verbessert werden soll.

Die Außenminister Europas und Asiens verurteilten den nordkoreanischen Atomtest und riefen das kommunistische Land auf, auf weitere Versuche zu verzichten. Der Test verletze UN-Resolutionen, erklärten die Minister aus über 40 Ländern in einer gemeinsamen vorläufigen Erklärung. Bei einer Sitzung der Asien-Europa-Gruppe (ASEM) in Vietnam forderten sie die Führung in Pjöngjang auf, die Sechs-Partien-Gespräche mit den USA, Japan, Südkorea, Russland und China umgehend wieder aufzunehmen.

Berlin bestellt nordkoreanischen Botschafter ein

Wegen der jüngsten Atom- und Raketentests Nordkoreas bestellte die Bundesregierung am heutigen Dienstag den Botschafter des asiatischen Staates, Hong Chang Il, ein. Der Asien-Beauftragte des Auswärtigen Amtes, Hans-Heinrich Blomeyer-Bartenstein, erneuerte in dem Gespräch die deutsche Kritik an den Versuchen. Nach Angaben des Ministeriums sprach er von einem klaren Bruch der entsprechenden UN-Resolutionen. Nordkorea habe sich mit dem Vorgehen weiter isoliert.

Der Asien-Beauftragte forderte das kommunistische Land auf, keine weiteren Atom- und Raketentests zu machen. Nordkorea müsse "unverzüglich" wieder an den Sechser-Gesprächen über sein Atomprogramm teilnehmen. Daran waren bislang auch die USA, China, Südkorea, Japan und Russland beteiligt.

Experte: Nordkorea fühlt sich umzingelt

Für Oliver Meier vom Institut für Friedensforschung und Sicherheitspolitik der Universität Hamburg ist das Verhalten des Regimes in Pjöngjang nachvollziehbar. Er sagte sueddeutsche.de: "Ein Gefühl, umzingelt zu sein, und extremes Misstrauen spricht aus den nordkoreanischen Verlautbarungen."

Meier, der auch am heute publizierten Friedensgutachten der fünf großen deutschen Friedensinstitute mitgearbeitet hat, geht nicht davon aus, dass künftig andere Staaten dem Vorbild Pjöngjangs folgen und aus dem Nichtverbreitungsvertrag für Atomwaffen aussteigen werden. Laut Meier wirkt das Beispiel des internationalen Pariahs Nordkorea, dessen Führung immer paranoider agiere, eher diziplinierend auf andere austrittswillige Staaten. "Niemand möchte dastehen wie Nordkorea", sagte der Friedensforscher.

© Reuters/AP/AFP/dpa/mati/gdo - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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