Nordkorea:Rätselraten um Patient Kim

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Wurde offenbar im modernsten Krankenhaus von Pjöngjang behandelt: Kim Jong-un, 36. (Foto: Heo Ran/Reuters)

Der Diktator in Pjöngjang hatte offenbar eine Herz-OP, nun wird spekuliert über den Zustand des 36-Jährigen. China und Südkorea zumindest gehen nicht davon aus, dass er in Lebensgefahr ist.

Von Thomas Hahn, Tokio

Anfang März meldete die Regierung in Seoul, dass Genesungswünsche aus Pjöngjang eingetroffen seien. Nordkoreas Staatschef Kim Jong-un habe einen Brief an Südkoreas Präsidenten Moon Jae-in geschrieben, in dem er diesem gute Besserung in der Coronavirus-Krise wünschte: "Der Vorsitzende Kim erklärte, er sorge sich um Präsident Moons Gesundheit." Ein Zeichen der Annäherung, nachdem das kommunistische Regime kurz zuvor neue Testraketen ins Meer gefeuert hatte? Moon schrieb freundlich zurück.

Mittlerweile scheinen eher Genesungswünsche von Seoul nach Pjöngjang angebracht zu sein. Denn während Südkorea sich langsam vom Covid-19-Ausbruch erholt, gibt es Spekulationen über Kim Jong-uns Gesundheit. Die südkoreanische Tageszeitung Daily NK berichtet mit Verweis auf eine Quelle in Nordkorea, Kim, 36, habe sich am 12. April im Hyangsan-Medizinzentrum einer Herz-Operation unterzogen. Den Eingriff nahm wohl ein Chirurg des Kim-Man-yu-Hospitals, des modernsten Krankenhauses in Pjöngjang, vor. Weitere angesehene Ärzte seien da gewesen, bis sich Kims Zustand verbesserte. Wegen der Operation fehlte Kim wohl auch am vergangenen Mittwoch bei den Gedenkfeierlichkeiten zum Geburtstag seines Großvaters, des Staatsgründers Kim Il-sung.

Der US-Fernsehsender CNN berichtete mit Verweis auf Geheimdienstinformationen, dass sich Kim in "schwerwiegender Gefahr" befunden habe. Für einen lebensbedrohlichen Zustand gab es keine Bestätigung. Ein Regierungssprecher in Seoul sagte, man habe zu Kims Gesundheit "keine speziellen Signale im Norden wahrgenommen". Aus der Kommunistischen Partei in China verlautbarte, man glaube nicht, dass Kim ernsthaft krank sei. Aber dass Kim Jong-un anfällig ist, weiß man. Sowohl sein Großvater als auch sein Vater Kim Jong-il starben durch Herzinfarkt. Letzterer hatte Bluthochdruck, Diabetes sowie einen erhöhten Cholesterinspiegel. Kim Jong-un raucht viel und hat Übergewicht.

Das Regime selbst will Stärke zeigen. Über die Auswirkungen der Pandemie auf Nordkorea ist so gut wie nichts bekannt, nachdem sich das Land relativ früh abschottete. Am Dienstag meldete Daily NK, dass Schulen und Universitäten allmählich wieder geöffnet würden. Und am Montag meldete die zentrale Nachrichtenagentur, Staatschef Kim Jong-un habe dem kubanischen Präsidenten Miguel Díaz-Canel zum Sechzigsten gratuliert.

© SZ vom 22.04.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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