Nordamerika:Mexikanische Mission

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Während Donald Trump in Europa weilt, versucht Mexikos Chefdiplomat Marcelo Ebrard in Washington möglichst viele zu überzeugen, dass Zölle alle beschädigen würden. (Foto: Henry Romero/Reuters)

Außenminister Marcelo Ebrard will in Washington der Politik die drohenden neuen US-Zölle ausreden.

Von Christian Zaschke, New York

Seit Beginn der Woche weilt Mexikos oberster Diplomat, Außenminister Marcelo Ebrard, in Washington, um das Schlimmste zu verhindern. US-Präsident Donald Trump hatte angekündigt, alle Importe aus Mexiko mit einem Zoll von fünf Prozent zu belegen. Diese Maßnahme soll bereits am kommenden Montag in Kraft treten. Am Rande des Staatsbesuchs in Großbritannien bekräftigte der Präsident, dass er das noch immer für wahrscheinlich halte. Ebrard will genau das verhindern, und er gibt sich optimistisch: Es bestehe eine 80-prozentige Chance, dass der Präsident einlenken werde, sagte er vor Reportern in Washington.

Trump ist der Ansicht, dass Mexiko nicht genug tue, um illegale Einwanderer an der Grenze aufzuhalten. Mit den Zöllen will er das Land dazu zwingen, härter durchzugreifen. Konkrete Forderungen hat der Präsident allerdings nicht gestellt, weshalb im Moment unklar ist, was Mexiko tun müsste, um Trump umzustimmen.

Genau das versucht Minister Ebrard derzeit auszuloten, indem er mit zahlreichen republikanischen Abgeordneten und mit Regierungsbeamten spricht. Am Dienstag kam er zudem für ein halbstündiges Treffen Nancy Pelosi zusammen, der demokratischen Sprecherin des Repräsentantenhauses. Für den Mittwoch war ein Treffen mit Vizepräsident Mike Pence angesetzt, zu dem auch Außenminister Mike Pompeo nach seiner Rückkehr aus London stoßen sollte. Ebrard sagte, Mexiko sei bereit, gemeinsame Maßnahmen zu planen. Beide Länder könnten in Fragen der Grenzsicherung noch besser zusammenarbeiten.

Dass nur "Avocado-Toast-Esser" in Kalifornien die Abgaben spüren würden, ist falsch

Sollte Trump seine Drohung wahr machen, hätte das weitreichende politische und wirtschaftliche Folgen. Scherzhaft hieß es zuletzt oft, die Zölle würden vor allem Kalifornien betreffen, weil die Menschen sich dort vorwiegend von Avocado-Toast ernährten und das Gros der Avocados aus Mexiko kommt. Tatsächlich aber wäre das ganze Land betroffen. Der New York Times zufolge ist Mexiko wichtigster Lieferant unter anderem von Fernsehern, Autos und medizinischen Geräten, aber auch von Tomaten und Trauben. Die Zeitung weist auf ein weiteres Problem hin: Viele Firmen haben ihre Fertigungsprozesse so organisiert, dass die Produkte während der Herstellung zwischen Standorten auf beiden Seiten der Grenze hin- und herwandern. Diese Firmen müssten die Zölle mehrmals bezahlen.

Trump hat außerdem angekündigt, die Zölle weiter zu erhöhen, sollte sich die Lage an der Grenze nicht ändern. Bis Oktober könnten sie demnach auf 25 Prozent steigen. Der kommissarische Heimatschutzminister Kevin McAleenan sagte, Mexiko müsse sich besonders um die illegale Einwanderung aus Guatemala kümmern. Außerdem solle das Land auf die Erkenntnisse von US-Geheimdiensten zurückgreifen, die Menschenschmugglerbanden identifizierten. Er sagte: "Was nicht geht, ist, dass wir eine Gruppe von 1000 Menschen haben, die morgens um vier Uhr illegal die Grenze übertritt, und es gibt keinerlei Bemühen, das zu verhindern." Damit bezog sich der Minister auf einen Vorfall aus der vergangenen Woche: 1036 Menschen hatten bei El Paso im Westen von Texas die Grenze illegal überschritten. Es war laut Heimatschutzministerium die bisher größte Gruppe, die illegal in die Vereinigten Staaten gelangte.

© SZ vom 06.06.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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