Friedensnobelpreis 2020:Favoriten für die Ehrung der Mutigen

So viele Nominierte für den Friedensnobelpreis gab es selten: Die Jury wählt aus einer geheimen Liste von 318 Persönlichkeiten und Organisationen den oder die Gewinner aus. Ein Blick auf mögliche Favoriten.

Von Theresa Crysmann

1 / 7
(Foto: Pavel Golovkin/dpa)

Alexej Nawalny Er ist zum Symbol des Widerstands gegen Präsident Wladimir Putin geworden. Schon mehrfach hatte es Angriffe, Schikanen und Einschüchterungsversuche gegen den russischen Oppositionspolitiker Nawalny gegeben. Aber die Vergiftung mit dem Nervengift Nowitschock im August war bisher der gefährlichste Angriff auf den Kreml-Kritiker. Er hat vermutlich nur überlebt, weil seine Familie darauf bestand, dass er im Ausland behandelt wird - nicht in der Klinik in Omsk, in der es hieß, er habe sich mit selbstgebranntem Alkohol vergiftet. Wer ihm während einer Wahlkampfreise in Sibirien das Gift verabreicht hat, ist nicht sicher. Nawalny hat aber bereits angekündigt, nach Russland zurückkehren zu wollen, sobald er sich richtig erholt habe: im ersten Gespräch mit russischen Journalisten nach seiner Vergiftung schloss er eine längerfristige politische Arbeit aus dem Exil aus.

2 / 7
(Foto: REUTERS)

Weltgesundheitsorganisation (WHO) Die Wahrscheinlichkeit, dass die Corona-Pandemie dieses Jahr auch Einfluss auf die Nobelpreisverleihung nimmt, ist recht groß. In der ganzen Welt haben sich Ärzte und Regierungen auf die Informationen und Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation verlassen. Deren vergleichsweise frühes und entschiedenes Handeln hat viel zum Krisenmanagement beigetragen. Ob die WHO dafür einen Friedensnobelpreis verdient hat, kommt darauf an, wen man fragt: US-Präsident Donald Trump etwa hat die Gefahr durch das Virus selbst monatelang kleingeredet und dann die UN-Gesundheitsbehörde für die vielen Todesfälle in den USA verantwortlich gemacht.

3 / 7
(Foto: imago images/Bildbyran)

Greta Thunberg Die junge schwedische Aktivistin setzt sich seit 2018 bei zahlreichen Demonstrationen und Polit-Gipfeln für stärkeren Klimaschutz ein. Mit ihren wöchentlichen Schulstreiks hat sie die globale Bewegung "Fridays for Future" angestoßen. Spätestens seit ihrem verzweifelten und wütenden Appell an die Vereinten Nationen auf dem Klimagipfel im vergangenen Jahr ist sie auch über Europa hinaus bekannt. Schon 2019 galt Thunberg als Favoritin auf den Friedensnobelpreis. Den bekam dann aber Äthiopiens Regierungschef Abiy Ahmed. An Thunberg ging dann immerhin der Right Livelihood Award, besser bekannt als Alternativer Nobelpreis.

4 / 7
(Foto: REUTERS)

Julian Assange Der australische Gründer der Enthüllungsplattform Wikileaks hat gemeinsam mit deutschen, britischen und amerikanischen Medien über mutmaßliche Kriegsverbrechen der US-Streitkräfte in Afghanistan und im Irak berichtet, die Informationen stammten von der US-Whistleblowerin Chelsea Manning. Nachdem es einen internationalen Haftbefehl aus Schweden gab - ihm wurde Vergewaltigung vorgeworfen -, flüchtete Assange 2012 in die Botschaft Ecuadors in London. 2019 wurde ihm dort das politische Asyl entzogen. Assange wurde daraufhin von der britischen Polizei festgenommen. Die USA fordern seine Auslieferung, dort würde ihn ein Prozess wegen Spionage erwarten - es drohen ihm 175 Jahre Haft. Viele Menschenrechtsorganisationen und Journalistenverbände setzen sich seit Langem für seine Freilassung ein, da die Veröffentlichung der vertraulichen Militärdokumente im öffentlichen Interesse geschehen und Assange somit ein schützenswerter Whistleblower sei. Über eine mögliche Auslieferung wird ein Londoner Gericht voraussichtlich Anfang 2021 entscheiden.

5 / 7
(Foto: Marieke Wijntjes/REUTERS)

Loujain al-Hathloul Die junge 31-jährige saudische Menschenrechtlerin setzte sich bis zu ihrer Inhaftierung für die Abschaffung der rechtlichen Vormundschaft für Frauen durch Männer und das Fahrverbot für Frauen in Saudi-Arabien ein. Nach einer ersten Haftstrafe im Jahr 2014, wurde al-Hathloul im Mai 2018 erneut verhaftet. Ihr wird vorgeworfen, das saudische Königreich destabilisieren zu wollen. Knapp sechs Wochen nach ihrer Festnahme hob das Königshaus das Fahrverbot für Frauen auf - Loujain al-Hathloul blieb in Haft. Im Gefängnis darf sie keinen Kontakt zu ihrer Familie haben und auch die Verteidigung durch einen Anwalt bleibt ihr verwehrt.

6 / 7
(Foto: Vincent Kessler/REUTERS)

Edward Snowden Der US-amerikanische Whistleblower gab im Jahr 2013 eine Vielzahl vertraulicher Dokumente an Journalisten weiter, die eine umfassende Online-Überwachung durch amerikanische und britische Geheimdienste belegen. Seitdem gilt der frühere Nachrichtendienstmitarbeiter in den USA als Staatsfeind und lebt im russischen Exil. Viele sehen ihn allerdings als Schützer der Privatsphäre. Auch aktuell haben seine Enthüllungen noch Folgen: Im Sommer 2020 stoppte der Europäische Gerichtshof zum wiederholten Mal eine Vereinbarung zur Übermittlung der Daten von Europäern in die USA. Die Informationen seien dort weiterhin nicht genügend geschützt.

7 / 7
(Foto: dpa)

Reporter ohne Grenzen & Komitee zum Schutz von Journalisten Für ihren langjährigen Einsatz für die Pressefreiheit könnten dieses Jahr gleich zwei Organisationen mit einem Friedensnobelpreis geehrt werden. Sowohl das Komitee zum Schutz von Journalisten (CPJ) als auch Reporter ohne Grenzen dokumentieren Verstöße gegen freie Berichterstattung, informieren die Öffentlichkeit über Angriffe auf Journalisten und unterstützten Reporter, die aufgrund ihrer Arbeit bedroht oder verhaftet werden. Seit einigen Jahren geben die Reporter ohne Grenzen jährlich den Press Freedom Index heraus, eine Rangliste zur Medienfreiheit in den meisten Staaten der Erde. Das CPJ hat sich unter anderem besonders um die Aufklärung des Mordes am saudi-arabischen Washington-Post-Kolumnisten Jamal Khashoggi bemüht.

© sz.de - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: