Niedersachsen:Haftbefehle wegen versuchten Mordes

Lesezeit: 1 min

Nach dem Brandanschlag auf eine Flüchtlingsunterkunft in Salzhemmendorf hat die Polizei drei Verdächtige gefasst. Mindestens zwei der Verhafteten scheinen den Behörden durchaus bekannt zu sein.

Von Peter Burghardt, Hamburg

Es gebe keine rechtsradikale Szene in der Gegend, hieß es nach dem Brandanschlag am Freitag auf eine Flüchtlingsunterkunft in Salzhemmendorf. Was hatte die Kleinstadt zwischen Hameln und Hildesheim in Niedersachsen mit Neonazis zu tun? Doch als bereits am Wochenende drei Verdächtige festgenommen wurden, da hörte sich das plötzlich anders an: Mindestens zwei der Verhafteten stammen offenbar aus eben jenem Salzhemmendorf und scheinen den Behörden durchaus bekannt zu sein.

Die zwei Männer im Alter von 24 und 30 Jahren waren der Polizei schon vorher wegen Körperverletzung, Sachbeschädigung und Zeigen des Hitlergrußes aufgefallen. Begleitet von einer 23-jährigen Frau, sollen sie einen Molotowcocktail aus einem Auto in eine Herberge für Asylbewerber geworfen haben und dann davongefahren sein. 40 Menschen leben in dem Gebäude. Eine Afrikanerin, 34, und ihre drei Kinder hielten sich im Nebenraum auf, als der Brandsatz ihre Wohnung traf und ein Teppich und eine Matratze Feuer fingen. Die Staatsanwaltschaft Hannover beantragte Haftbefehle "wegen des Verdachts des gemeinschaftlich versuchten Mordes in Tateinheit mit schwerer Brandstiftung".

Die Hinweise aufmerksamer Anwohner halfen bei dem raschen Zugriff der Polizei, noch am Samstagabend wurde das Trio dem Haftrichter vorgeführt. Der niedersächsische SPD-Ministerpräsident Stephan Weil ("das war versuchter Mord") sprach von Geständnissen, doch das wollte die Justiz zunächst nicht bestätigen. "Unfassbar" sei es, dass die möglichen Täter teilweise aus dem Ort kämen und "in der Nachbarschaft zündeln und ein Attentat verüben". Er hoffe, dass sie "mit aller Härte des Gesetzes verurteilt werden".

Die angegriffene Familie wurde indes von einem Lokalpolitiker der Grünen aufgenommen. Und noch am Freitag demonstrierten am Tatort 2000 Menschen für Toleranz. "Es war ein feiger Anschlag, ein rassistischer Anschlag, der uns alle schwer erschüttert hat", sagte Landrat Tjark Bartels (SPD) bei der Kundgebung.

Ein Feuer, das am Mittwoch in Berlin eine Sporthalle zerstört hatte, geht dagegen nicht auf Extremisten zurück. Wahrscheinlich haben zündelnde Kinder den Brand ausgelöst, wie die Polizei mitteilte. Ein Achtjähriger habe zugegeben, mit anderen Flüchtlingskindern in der Halle "gekokelt" zu haben.

© SZ vom 31.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: