Neue Regierungskoalition:Israels Isolation

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Benjamin Netanjahu regiert noch nicht - doch alle Zeichen stehen bereits auf Konflikt. Denn seine Regierung besteht aus einem Sammelsurium an Ideologien, die nicht zusammenpassen.

Thorsten Schmitz

Die Regierung des designierten israelischen Premiers Benjamin Netanjahu hat noch nicht den ersten Arbeitstag absolviert, da ist sie schon gelähmt. Die Flickenteppich-Koalition aus Likud, "Unser Haus Israel", Schas und Arbeitspartei mag ihm vorerst die Macht sichern. Doch wie er damit regieren will, bleibt sein Geheimnis. Seine Regierung besteht aus einem Sammelsurium an Ideologien, die nicht zusammenpassen.

Benjamin Netanjahu regiert noch gar nicht - doch Konflikte sind schon vorprogrammiert. (Foto: Foto: dpa)

So ist Netanjahu eine Geisel seiner selbst. Er lehnt eine Zweistaaten-Lösung ab, doch die Arbeitspartei hat ihren Wählern einen Palästinenserstaat an der Seite Israels versprochen. Außenminister wird künftig der ehemalige Türsteher Avigdor Lieberman, dessen Politikverständnis daraus besteht, Ägyptens Staatschef Hosni Mubarak zum Teufel zu wünschen, Iran mit einem Militärschlag zu drohen und illoyale israelische Araber in die Palästinensergebiete auszuweisen. Hinzu kommen die Ultra-Religiösen der Schas, die Jerusalems Ostteil nicht abgeben wollen für die Hauptstadt eines künftigen Palästinenserstaates.

Wie ein Korsett

Von einer Auflösung der jüdischen Siedlungen im Westjordanland wird erst gar nicht geredet. Der Abzug Israels aus dem Gaza-Streifen und der folgende Raketenkrieg der radikal-islamischen Hamas bestärkt Netanjahu darin, dass das Westjordanland besetzt bleiben muss, um zu verhindern, dass Palästinenser von dort aus mit Raketen den internationalen Flughafen nahe Tel Aviv bedrohen. Die Regierung Netanjahu wirkt wie ein Korsett, das dem Friedensprozess die Luft abschnürt. Diese Regierung kapituliert vor den Partikularinteressen der diversen Parteien.

Der großspurige Netanjahu wird künftig eine Politik der kleinen Schritte betreiben. Auf der Strecke bleiben Visionen, wie sie der neuen US-Regierung für die Region vorschweben. Netanjahus Regierung ist Sinnbild für den Ausverkauf der Politik. Barak hat er mit der leeren Phrase gewonnen, man werde an einer umfassenden Friedenslösung arbeiten, womit auch die Gegner eines Palästinenserstaates in seiner Koalition gut leben können.

Die ultra-orthodoxe Schas bekommt 200 Million Euro für kinderreiche religiöse Familien, weil sie Netanjahus Regierung beitritt. Und Lieberman hat der künftige Premier den Ausbau jüdischer Siedlungen nahe Jerusalem versprochen. Mit einer solchen Koalition wird die US-Regierung nicht mehr tun können, als die Krise zu verwalten. Lösen kann sie hier nichts.

Isolation droht

Die Arbeitspartei soll der rechten Koalition das Beängstigende nehmen und eine offene Konfrontation mit der US-Regierung verhindern. Doch die Sozialdemokraten werden nicht viel zu melden haben. Das lässt sich schon daran ablesen, dass der Koalitionsvertrag jene Zweistaaten-Lösung nicht erwähnt, wie sie die Staatengemeinschaft für den Nahen Osten vorsieht. Die ideale Regierung in Israel würde die politische Mitte bedienen. Sie hielte den Erpressungen der jüdischen Siedler stand und ließe deren politische Parteien in einer Koalition nicht zu. Netanjahus Regierung dagegen steht für Stillstand und Status quo. Der Weg Israels in die internationale Isolation ist damit vorgezeichnet.

Vor allem ist eine Konfrontation mit Israels wichtigstem Verbündeten möglich, den USA. Präsident Barack Obama wünscht nach den halbherzigen Versuchen seines Vorgängers eine aggressive Friedenspolitik. Obama sucht den Dialog mit Iran, auch eine Kontaktaufnahme zur Hamas wird nicht mehr ausgeschlossen. Doch Netanjahu will die Herrschaft der Hamas im Gaza-Streifen mit Gewalt beenden und notfalls die iranischen Atomanlagen bombardieren.

Verschiedene Weltsichten

Die Ansätze der USA und Israels stehen sich diametral gegenüber. Obama steht für Visionen und Hoffnung. Netanjahus einzige Vision dagegen erschöpft sich darin, seine Koalition zum Machterhalt zusammenzuzwingen und den Friedensprozess so weit wie möglich einzufrieren. In Netanjahus Weltsicht wird sich Israel hinter hohen Mauern von seinen Nachbarn abschotten, von Hamas im Gaza-Streifen, Hisbollah im Libanon und von einer einflusslosen Fatah im Westjordanland.

Israel bräuchte nun eine Regierung, die für einen Partner auf palästinensischer Seite sorgt. Die israelische Regierung muss ein Interesse daran haben, dass Fatah und Hamas sich versöhnen, denn Hamas wird nicht verschwinden. Das zeigt schon der jüngste Gaza-Krieg, der die Gruppe nur gestärkt hat. Frieden und Sicherheit wird Israel nicht durch einen weiteren Krieg im Gaza-Streifen und die andauernde Besatzung im Westjordanland bekommen. Sondern durch einen starken Partner auf palästinensischer Seite, der von seinem Volk die Legitimation erhält, Friedensverträge zu schließen und umzusetzen.

Netanjahus Regierung stellt auch Obamas Regierung vor eine Bewährungsprobe. Zu Obamas neuem Politikansatz sollte es gehören, nicht nur den Dialog mit Israels Feinden zu wagen - sondern auch den offenen Streit mit Israel selbst. Falls Netanjahu die Friedensverhandlungen boykottiert oder jüdische Siedlungen ausbauen lässt, und falls internationale Kritik daran nichts bewirkt, sollte die neue US-Regierung auch Sanktionen als Druckmittel nicht scheuen.

© SZ vom 26.3.2009/vw - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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