Nach der Entlassung von Generalbundesanwalt Harald Range rückt in der Landesverrats-Affäre jetzt das Innenministerium in den Fokus. Das Ressort von Thomas de Maizière (CDU) hat die Fachaufsicht über das Bundesamt für Verfassungsschutz, das die Ermittlungen gegen die Blogger von Netzpolitik.org ausgelöst hat. Der Präsident des Bundesamts, Hans-Georg Maaßen, hatte die Anzeigen gestellt. Außerdem hatte seine Behörde die Blogger in einem Gutachten schwer belastet. Trotzdem ließ de Maizière am Mittwoch seinen Sprecher erklären, "dass bis hoch zum Minister das Bundesinnenministerium der Auffassung ist, dass Herr Maaßen korrekt gehandelt hat". Der Sprecher bezog sich dabei ausdrücklich sowohl auf die Anzeigen als auch auf das Gutachten.
Das "Rechtsgutachten" trägt eine hohe Geheimhaltungsstufe. Es kommt zu dem Ergebnis, dass es sich bei den von Netzpolitik.org veröffentlichten Informationen "um Staatsgeheimnisse im Sinne der §§ 93 ff. StGB" handele. In diesen Paragrafen geht es um "Landesverrat und Gefährdung der äußeren Sicherheit". Wegen dieses Gutachtens und der Anzeigen von Maaßen hatte der Generalbundesanwalt am 13. Mai das Ermittlungsverfahren wegen Landesverrats gegen die Blogger eingeleitet.
Maaßens Anzeige richte sich "gegen unbekannt" und nicht gegen die Blogger
De Maizière will von diesen Ermittlungen aber erst Ende vergangener Woche aus den Medien erfahren haben. Das Innenministerium rechtfertigt sich mit einem Verweis auf den Ablauf der Ereignisse. Das Bundesamt für Verfassungsschutz habe Innen-Staatssekretärin Emily Haber und den zuständigen Abteilungsleiter zwar vorab darüber informiert, dass es Anzeigen stellen wolle. Anlass des Gesprächs sei gewesen, dass wiederholt geheime Unterlagen an die Öffentlichkeit gelangt waren.
Bei dieser Vorab-Information sei es aber nicht um die Verfolgung von Journalisten gegangen. Es sei stattdessen darüber gesprochen worden, wie man den Verrat von Dienstgeheimnissen durch Behördenmitarbeiter stoppen könne. Die Anzeige von Maaßen richte sich deshalb "gegen unbekannt" und nicht gegen die Blogger. In ihr gehe es auch nicht um Landesverrat. Stattdessen bitte das Bundesamt um Ermittlungen zu "allen infrage kommenden Straftaten".
Angesichts dessen sei man im Innenministerium nicht auf die Idee gekommen, dass aus den Anzeigen von Maaßen Ermittlungen gegen Journalisten wegen Landesverrats werden könnten. Deshalb sei de Maizière von seiner Staatssekretärin nicht über die Anzeigen unterrichtet worden.
Merkel vermeidet eine Parteinahme für Maaßen
Es ist zwar richtig, dass sich die Anzeigen gegen unbekannt gerichtet haben. Allerdings werden in der Begründung der Anzeigen nur zwei Namen erwähnt: die der beiden Netzpolitik-Blogger. Das Gutachten des Bundesamtes befasst sich sogar ausschließlich mit dem Blog.
Die Kanzlerin vermied am Mittwoch eine Parteinahme für Maaßen. Auf die Frage, ob Angela Merkel noch Vertrauen in den Verfassungsschutzpräsidenten habe, sagte ihre Regierungssprecherin lediglich, sie wolle sich "nicht mit einzelnen personellen Wertungen befassen".