Nepal:Später Wiederaufbau

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Neun Monate ist das Erdbeben im Himalaja nun her, doch erst jetzt greift allmählich die ersehnte Hilfe. Das liegt am Staat.

Von Arne Perras, Singapur

"Lieber spät als nie." Mit diesen Worten kommentierte Vivek Rawal, ein Helfer der Vereinten Nationen, die Ankündigung aus Kathmandu, dass nun der Wiederaufbau in den vom Erdbeben zerstörten Gebieten beginne. Die Himalayan Times sprach allerdings von "unverzeihlichen Verzögerungen" und prangerte sie als "schweres Vergehen" des Staates an. Die Regierung sei ihrem Volk zumindest Erklärungen schuldig, warum die Aufbauhilfe so lange nicht in Gang gekommen ist.

Fast neun Monate sind seit der Katastrophe vergangen. Etwa drei Millionen Nepalesen haben durch die Erdstöße am 25. April ihr Obdach verloren und müssen den Winter in provisorischen Unterkünften leben. Vielleicht wäre das leichter zu verstehen, gäbe es kein Geld für Nepal. Doch schon im Juni sagte die Staatengemeinschaft mehr als vier Milliarden Dollar für den Staat im Himalaja zu, die Opfer sollten schnell wieder ein warmes und trockenes Zuhause bekommen. Von dieser Summe aber ist fast noch nichts verbraucht; als größter Bremser erwies sich der Staat selber, weil er das Geld der Staatengemeinschaft gar nicht abgerufen hat.

Öffentlich halten sich die Geberländer mit Kritik zurück, doch hinter den Kulissen sind sie empört. Noch größer ist der Frust in der Bevölkerung. Sie wird ständig enttäuscht von den Parteien, die sich in Streit verlieren, nur ihren Vorteil suchen und keinen Weg finden, die Krise um die neu verabschiedete Verfassung zu lösen. Sie hat zu Aufständen im Süden und zu Versorgungsengpässen geführt. Kathmandu hat überdies dem Nachbarn Indien vorgehalten, den Staat durch Blockaden zu strangulieren, was Delhi zurückwies. So rückten die Bebenopfer in den Hintergrund.

Nun aber gibt es nach langem Gezerre ein Gesetz für den Wiederaufbau und auch eine Behörde, die ihn organisieren soll. "Es ist ein später Startschuss", sagt ein Insider aus der Gebergemeinschaft. "Was er bringt, weiß man aber noch nicht." Viele bleiben skeptisch. Vorerst werden Regierungsbeamte und Ingenieure die Dörfer durchkämmen, um den Bedarf zu erheben. Erst danach soll Geld für den Bau neuer Häuser ausgezahlt werden. Dies alles hätte längst geschehen können. Doch der Staat steckt nach dem Sturz der Monarchie in einer Umbruchphase, Zuständigkeiten blieben monatelang ungeklärt. So werden weiterhin Hunderttausende Menschen in Zelten und notdürftigen Hütten von Frost gequält. Immerhin konnten zumindest private Initiativen und die UN manche Not lindern. Vor allem waren es aber die Nepalesen selber, die einander halfen. Sonst stünde es noch schlimmer.

© SZ vom 19.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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