Nato:Ein Ausstieg ohne Einstieg

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Bundeswehrsoldaten machen während einer Minensuch-Mission in der Wüste Afghanistans eine Pause. (Foto: Maurizio Gambarini/dpa)

Die Bundesregierung verlängert das Afghanistan-Mandat der Bundeswehr, für den Fall der Fälle.

Von Daniel Brössler, Berlin

Die Bundesregierung hat die Weichen für eine Verlängerung des Einsatzes der Bundeswehr in Afghanistan gestellt. Nach dem Willen des Kabinetts soll die Mission mit bis zu 1300 Soldatinnen und Soldaten bis zum 31. Januar 2021 fortgeführt werden. Die Entscheidung darüber liegt beim Bundestag, der kurz vor Auslaufen des jetzigen Mandats Ende März über die Fortführung des Einsatzes abstimmen soll. "Deutschland steht zu seiner Verantwortung, die es für die Menschen in Afghanistan mit vielen Partnern zusammen übernommen hat und es steht auch zu seinen Zusagen gegenüber den internationalen Partnern", sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Mittwoch in Berlin.

Die Zukunft des deutschen Engagements hängt dabei aber maßgeblich von der durch US-Präsident Joe Biden angeordneten Überprüfung der Afghanistan-Politik ab. Sein Vorgänger Donald Trump hatte nach einem Abkommen mit den Taliban einen Abzug der amerikanischen Truppen bis Ende April dieses Jahres verfügt. Biden will in den nächsten Wochen entscheiden, ob er dies revidiert. Ohne amerikanische Truppenpräsenz kann die Nato-Ausbildungsmission Resolute Support, an der Deutschland mit derzeit etwa 1100 Soldaten beteiligt ist, nicht fortgeführt werden. "Wir unterstützen das Ziel eines in der Allianz abgestimmten geordneten Abzugs aus Afghanistan, der bestmöglich die Fortschritte der letzten Jahre und und Jahrzehnte bewahrt", betonte Seibert.

Die Taliban haben neue Angriffe angedroht

Die Taliban haben bereits angekündigt, dass sie eine Verschiebung des Truppenabzugs nicht akzeptieren wollen und mit neuen Angriffen gedroht. "Wir müssen uns darauf einstellen, dass eine Verlängerung zu einer erhöhten Gefährdung führt", räumte ein Sprecher von Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) ein. Die unveränderte personelle Obergrenze gebe das auch her. Das Mandat schaffe die nötige Flexibilität, "um reagieren zu können, wenn sich die volatile Sicherheits- und Bedrohungslage verändert", betonte auch Regierungssprecher Seibert. Die Verkürzung der üblichen Laufzeit von zwölf auf zehn Monate trage ebenfalls der "komplexen Situation in Afghanistan angemessen Rechnung".

Die Bundesregierung verhehlt nicht, dass alle Planungen nun unter dem Vorbehalt der Entscheidung der US-Regierung stehen, wie und wie lange der Einsatz fortgeführt werden soll. Eine Sprecherin von Außenminister Heiko Maas (SPD) verwies auf "Signale" aus Washington, dass man dort gemeinsam mit den Verbündeten vorgehen wolle. Deutschland werbe für einen "Ausstiegsansatz", der sich an den Konditionen vor Ort orientiere und nicht an einem starren Zeitplan. Dann solle gemeinsam im Verbund der Nato entschieden werden, wann und wie die Präsenz zurückgefahren werde. Der Abzug müsse zudem mit dem Fortgang der innerafghanischen Friedensverhandlungen in Doha verschränkt werden. Diese sind zuletzt zwar wieder fortgeführt worden, gelten aber als extrem schwierig. Deutschland ist dort moderierend beteiligt.

Der stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU im Bundestag, Johann Wadephul, sprach sich für eine Verlängerung des Mandats aus, forderte aber eine Bestandsaufnahme. "Es ist an der Zeit, dass wir beginnen, Bilanz zu ziehen. Ehrlich und umfassend", sagte er. "Nach fast 20 Jahren Kriegseinsatz brauchen wir dringend eine Evaluierung des Einsatzes und ein politisches Konzept für die Zukunft Afghanistans", forderte auch der außenpolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Bijan Djir-Sarai. Die Sprecherin des Auswärtigen Amtes verwies darauf, dass die Bundesregierung den Bundestag regelmäßig unterrichte.

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