Nationaler Volkskongress in Peking:Drohungen und dunkle Kerker

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Aus Angst vor einem Volksaufstand verschärft China vor der Tagung des Nationalen Volkskongresses die Sicherheitsvorkehrungen in Peking. Nun müssen auch Journalisten um ihre Sicherheit fürchten.

Henrik Bork

Chinas Hauptstadt Peking gleicht einer Metropole im Belagerungszustand. Die Führung hat die schärfsten Sicherheitsvorkehrungen seit den Olympischen Spielen verfügt. Sie sollen sicherstellen, dass keine Proteste die bevorstehende Tagung des Nationalen Volkskongresses (NVK) stören. Einheiten der Polizei und paramilitärischer Truppen haben mit Schnellfeuergewehren an Straßensperren und strategischen Orten Position bezogen. Bissige Hunde sind im Einsatz, das Chor der Auslandspresse wird systematisch eingeschüchtert und Bittsteller aus der Provinz verschwinden in "schwarzen Gefängnissen", den berüchtigten halblegalen Kerkern.

Zehntausende Polizisten sind allein in Peking im Einsatz und gehen gegen potenzielle Unruhestifter vor. (Foto: dpa)

Manche Sicherheitsvorkehrungen überschreiten die Grenze zur Absurdität. So haben selbst Luftballons und Modellflieger vorsorglich Flugverbot erhalten, und zwar in einem Radius von 200 Kilometern rund um den Platz des Himmlischen Friedens. Die drastischen Maßnahmen erklären sich teilweise aus dem jährlichen NVK-Ritual, zu dem sich von Samstag an 2978 sorgsam von der Kommunistischen Partei ausgewählte "Abgeordnete" in der Großen Halle des Volkes von Peking versammeln werden.

Doch die jüngsten Revolutionen im Nahen Osten und bislang eher gescheiterte, jedoch wiederholte Versuche von unbekannten Regimegegnern im Ausland, auch in China Demonstrationen anzuzetteln, haben die Lage diesmal weiter verschärft. "In diesem Jahr ist es noch gespannter als sonst wegen dieser Jasmin-Revolutionen", sagt der Bürgerrechtler Liu Feiyue aus Hubei.

Zehntausende Einsatzkräfte der Polizei und Wu Jing, der bewaffneten Volkspolizei, würden nun von 739000 zivilen Ordnungskräfte unterstützt, berichtet die Nachrichtenagentur China News, und das allein in der chinesischen Hauptstadt. Bauern, die aus der Provinz nach Peking gekommen sind, um sich über korrupte Lokalbeamte oder Zwangsenteignungen zu beschweren, werden eingesammelt und interniert. Fast 200 dieser Bittsteller seien von der Polizei festgenommen und nach Jiujingzhuang, ein zentrales schwarzes Gefängnis, gebracht worden, berichtet die Hongkonger Menschenrechtsorganisation CHRD. Diese Gefängnisse sind bekannt dafür, dass die Insassen dort in fensterlosen Räumen eingesperrt sind, sie geschlagen und gedemütigt werden. Am Ende müssen die "Gäste" für diesen "Aufenthalt" dann auch noch Geld bezahlen.

Auch die Korrespondenten ausländischer Medien in Peking zählen dieses Jahr zu der Gruppe der potenziellen Unruhestifter und werden entsprechend behandelt. In einer gezielten Kampagne hatten die Polizei und das Pekinger Außenministerium vergangene Woche in den Büros der Korrespondenten angerufen und sie vor dem Besuch der Einkaufsstraße Wangfujing gewarnt, wo laut den Internet-Aufrufen am Sonntag "Jasmin-Proteste" stattfinden sollten.

Von den Journalisten, die dennoch hingingen, wurden mindestens drei brutal geschlagen. Ein Reporter von Bloomberg News musste mit Kopfverletzungen ins Krankenhaus. Auf ihn hatten fünf Beamte der Staatssicherheit noch eingetreten und geschlagen, als er schon am Boden lag und um Hilfe schrie. Der Club der Auslandskorrespondenten in Peking (FCCC) verschickt nun Warnungen. Kollegen sollten sich bei ihrer Arbeit in Peking nicht an abgelegene Orte abdrängen lassen und notfalls sofort um Hilfe schreien, wenn sie angegriffen würden, schreibt der FCCC.

Auch in dieser Woche hat Chinas Regierung die Einschüchterung der ausländischen Presse systematisch fortgesetzt. Manchen Korrespondenten wurde mit "Haft" oder der Ausweisung aus China gedroht, sollten sie weiter versuchen, über Proteste zu berichten. In Sitzungen mit der politischen Polizei wurden sie belehrt und dabei mit Videokameras gefilmt wie sonst Verbrecher beim Verhör. Die chinesischen Behörden haben zudem angekündigt, die Bewegungsfreiheit aller ausländischen Reporter in China einzuschränken. Künftig müssten sie bei örtlichen Behörden eine Genehmigung für Berichte von "öffentlichen Plätzen" einholen, hieß es.

© SZ vom 04.03.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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