Syrien nach Ablauf der Frist:Die Waffen scheinen zu schweigen

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Seit heute Morgen um 5 Uhr gilt laut dem vereinbarten Friedensplan der Waffenstillstand in Syrien. Bisher scheint sich die Regierung in Damaskus daran zu halten, es gibt derzeit keine Berichte über Kämpfe in der Region. Doch das Vertrauen in Assad ist denkbar gering.

In Syrien ist heute die Frist zur Einhaltung der von Kofi Annan vermittelten Waffenruhe abgelaufen. Seit 5 Uhr MESZ müssen gemäß dem Friedensplan des Sondervermittlers von Vereinten Nationen und Arabischer Liga die Waffen schweigen. Kurz nach Ablauf der Frist hat es offenbar keine Gefechte gegeben.

"Bisher haben wir keine Berichte über irgendwelche Vorfälle aus Syrien erhalten", sagte der Leiter der in London ansässigen syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte, Rami Abdel Rahman. Allerdings würden auch keine Panzer aus den Städten abgezogen, wie es nach Annans Plan eigentlich schon seit Dienstag hätte geschehen sollen.

Auch könne man noch nicht abschätzen, wie sich die Lage weiter entwickle. Von der Regierung in Damaskus lagen zunächst keine Angaben zur Einhaltung der Waffenruhe vor. Wie Omar Homsi, ein syrischer Aktivist aus der Provinz Homs, sagte, seien die Orte al-Khalidijeh und Deir Balaba noch bis kurz vor Ablauf der Frist beschossen worden. Menschenrechtsaktivisten teilten mit, dass in der Nacht noch einige Schüsse in der Hauptstadt Damaskus gefallen seien. In einem Vorort habe es zudem eine Explosion in einem Auto gegeben, bei der aber niemand verletzt worden sei.

Nach Angaben der Opposition waren allein gestern landesweit 97 Menschen bei Kämpfen und dem Beschuss von Städten getötet worden. Das Regime von Präsident Baschar al-Assad hatte in einem Schreiben an Annan angekündigt, alle Kampfhandlungen fristgerecht einstellen zu wollen. Allerdings behalte man sich das Recht vor, auf mögliche Angriffe "terroristischer Gruppen angemessen zu reagieren".

Auch die oppositionelle Freie Syrische Armee wollte sich an die Waffenruhe halten. Seine vor allem aus Deserteuren bestehende Truppe fühle sich der Initiative Annans verpflichtet, sagte Oberst Riad al-Asaad dem arabischen Nachrichtensender al-Dschasira.

Russland sieht vor allem die Gegner Assads in der Pflicht

Bundeskanzlerin Angela Merkel und US-Präsident Barack Obama äußerten sich vor Ablauf der Frist skeptisch zu den Absichten Assads. Nach Angaben des Weißen Hauses in Washington teilten beide in einem Telefonat die Sorge darüber, dass die Regierung in Damaskus sich bislang nicht an den Friedensplan gehalten habe und stattdessen "weiter mit inakzeptabler Brutalität gegen das eigene Volk vorgegangen" sei.

Die US-Botschafterin bei den Vereinten Nationen, Susan Rice, sagte, die Ankündigung der syrischen Regierung besitze "wenig bis gar keine Glaubwürdigkeit". Dabei verwies die amtierende Präsidentin des Weltsicherheitsrates ebenfalls auf die "mehrfach gebrochenen Zusagen zur Umsetzung des Friedensplans". Das Einlenken der syrischen Regierung erfolgte nach massivem internationalen Druck.

Russland und China hatten zuletzt wiederholt an Assad appelliert und einen sofortigen und vollständigen Rückzug aller Truppen und eine umfassende Waffenruhe gefordert. Russland sieht jetzt vor allem die Gegner Assads in der Pflicht, ihren Teil des Friedensplans zu erfüllen. "Nun liegt die Angelegenheit bei der bewaffneten Opposition. So sind die Bedingungen des Plans von Annan", teilte Vizeaußenminister Gennadi Gatilow nach Angaben der Agentur Interfax mit.

In Washington ist die Lage in Syrien auch Thema beim Treffen der Außenminister aus den G8-Staaten. Die sieben großen Industrienationen und Russland wollen sich bei der zweitägigen Konferenz um eine friedliche Lösung des Konflikts bemühen.

© Süddeutsche.de/dpa/dapd/AFP/cop - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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