Münchner Sicherheitskonferenz:Merkel fordert China zu Mitwirkung bei internationaler Abrüstung auf

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Merkel spricht auf der Münchner Sicherheitskonferenz. (Foto: AFP)
  • In ihrer Rede auf der Münchner Sicherheitskonferenz fordert Bundeskanzlerin Merkel China zur Zusammenarbeit in Abrüstungsfragen auf.
  • Die Kanzlerin warnte vor einer Zerschlagung internationaler Strukturen: "Wir dürfen sie nicht einfach zerschlagen."
  • US-Vize-Präsident forderte die Europäer in seiner anschließenden Rede auf, das Atom-Abkommen mit Iran endlich auch aufzukündigen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat China zur Mitwirkung bei den internationalen Bemühungen zur Abrüstung aufgefordert. Das Thema Abrüstung gehe nach der Kündigung des INF-Abrüstungsvertrags nicht nur die bisherigen Vertragsmächte Russland und die USA an, "sondern auch China", sagte Merkel bei der Münchner Sicherheitskonferenz. Über einen Beitrag der Volksrepublik bei den weiteren Abrüstungsbemühungen würde sie sich "freuen", sagte die Kanzlerin.

Die Antwort auf die Kündigung des INF-Vertrags könne jetzt "nicht in blindem Aufrüsten liegen", sagte die Bundeskanzlerin weiter. "Abrüstung ist etwas, was uns alle umtreibt und wo wir uns natürlich auch freuen würden, wenn nicht nur zwischen den Vereinigten Staaten, Europa und Russland solche Verhandlungen geführt werden, sondern auch mit China." Sie wisse allerdings, dass "es da viele Vorbehalte gibt".

Merkel verwies darauf, dass der INF-Vertrag ursprünglich für die Sicherheit Europas abgeschlossen wurde. Dieser Vertrag werde nun "von den Vereinigten Staaten und Russland gekündigt - und wir sitzen da". Anfang des Monats waren zunächst die USA und dann auch Russland aus dem INF-Abrüstungsvertrag ausgestiegen.

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"Die Antwort kann jetzt nicht in blindem Aufrüsten liegen"

Die Kanzlerin bekannte, dass das Verhältnis zu Russland, das in den letzten Jahren angespannter worden ist, sie sehr umtreibe. "Geostrategisch kann Europa kein Interesse daran haben, alle Verbindungen nach Russland zu kappen", betonte sie auch im Anschluss an ihre Rede. Der Gesprächsfaden dürfe nicht abreißen. Zugleich mahnte sie die Bündnispartner, dass mögliche weitere Russland-Sanktionen gemeinsam entwickelt werden müssten.

Merkel plädierte für einen Ausbau der internationalen Zusammenarbeit. "Wir müssen in vernetzten Strukturen denken. Die militärische Komponente ist davon eine", sagte die Kanzlerin. Sie betonte dabei die Bedeutung der Nato. "Wir brauchen die Nato als Stabilitätsanker in stürmischen Zeiten. Wir brauchen sie als Wertegemeinschaft."

Die Kanzlerin warnte vor einem Zerfall der internationalen politischen Strukturen. "Wir dürfen sie nicht einfach zerschlagen", sagte sie, offensichtlich in Anspielung auf US-Präsident Donald Trump. "Es gibt sehr viele Konflikte, die uns herausfordern".

Entscheidungen der US-Regierung zur Syrien- und Iran-Politik stellte sie grundsätzlich in Frage. Die USA und Europa verfolgten in der Region eigentlich das gleiche Ziel - nämlich "die schädlichen Wirkungen des Iran einzudämmen". Der einseitige Abzug der USA aus Syrien sowie Washingtons Rückzug aus dem Atomabkommen mit Iran drohten aber genau das Gegenteil zu bewirken.

Sie gab zu bedenken, dass durch den US-Truppenabzug nicht die Einflussmöglichkeiten Irans und Russlands wieder anwachsen könnten. Mit Blick auf das Iran-Abkommen warf sie die Frage auf, ob es sinnvoll sei, das "einzige noch bestehende Abkommen" aufzukündigen.

Pence lobt Führungsstärke seines Präsidenten

US-Vizepräsident Mike Pence forderte in seiner Rede im Anschluss hingegen die europäischen Staaten auf, bei der Iran-Politik dem Weg der USA zu folgen: "Die Zeit ist gekommen, dass die Europäer sich aus dem Atom-Abkommen zurückziehen ​​​​", sagte er.

Pence bekräftige den Führungsanspruch seines Landes in der westlichen Welt. "Wir stehen vor großen Herausforderungen, aber wir haben die amerikanische Führung auf der Weltbühne erneuert." Er lobte die Führungsstärke Trumps, die auch Verhältnis zu Nordkorea zu deutlichen Verbesserungen geführt habe. Deutschland und andere europäische Nato-Staaten forderte er auf, endlich das Zwei-Prozent-Ziel der Nato zu erfüllen: "Die Wahrheit ist: Viele unserer Nato-Verbündeten müssen noch mehr tun", sagte er.

Zugleich lobte er alle europäischen Staaten, die sich gegen den Bau der Gaspipeline Nord Stream 2 stellen. Andere sollten diesem Beispiel folgen. "Wir können nicht die Verteidigung des Westens sicherstellen, wenn unsere Verbündeten sich vom Osten abhängig machen."

In den vergangenen Wochen habe sich in Venezuela gezeigt, wie gut es funktionieren könne, wenn alle zusammenstehen. Hier stünde die Welt gemeinsam mit den USA und dem venezolanischen Volks gegen den Diktator Nicolas Maduro, sagte Pence.

Der russische Außenminister Sergej Lawrow rief die Europäische Union hingegen zu einem grundlegenden Kurswechsel gegenüber Moskau auf. Die EU habe sich in eine sinnlose Rivalität mit Russland drängen lassen. Die Russland-Sanktionen schadeten auch den Europäern. Lawrow schlug die Ausgestaltung eines gemeinsamen Handels- und Wirtschaftsaums von Lissabon bis Wladiwostok vor. Dieser könnte die Grundlage für eine gemeinsame Sicherheitsunion für den gesamten eurasischen Raum als Gegenmodell zu einer Zentrierung auf die Nato sein.

Rund 30 Staats- und Regierungschefs und etwa 90 Minister nehmen am wichtigsten sicherheitspolitischen Expertentreffen weltweit teil. Nach Merkel werden heute noch US-Vizepräsident Mike Pence und Russlands Außenminister Sergej Lawrow sprechen.

© SZ.de/AFP/dpa/gal - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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