Mord an PKK-Aktivistinnen:Tatverdächtiger ist türkischer Nationalist

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Eine Kurdin mit den Bildern der getöteten PKK-Aktivistinnen bei einer Demonstration in Paris. (Foto: REUTERS)

Wer ermorderte die drei PKK-Aktivistinnen in Paris? Der Täter gab sich als Kurde aus, in Wahrheit soll der Mann aber türkischer Nationalist sein. Das nährt den Verdacht vieler Kurden, dass es sich um ein Komplott handelt.

Von Frederik Obermaier

Der Hauptverdächtige für den Mord an drei kurdischen Aktivistinnen in Paris ist kein Kurde, wie er behauptet hatte, sondern offenbar ein türkischer Nationalist, der lange in Bayern gelebt hat. Das nährt den Verdacht vieler Kurden, dass es sich um ein Komplott handelt. Ziel des Mordes sei es gewesen, die Friedensgespräche zwischen Kurdenführer Abdullah Öcalan und der türkischen Regierung zu stören.

Die Pariser Staatsanwaltschaft hatte vergangene Woche als Hauptverdächtigen in dem Mordfall den 30 Jahre alten Ömer G. präsentiert - einen Kurden, der seit zwei Jahren Mitglied der kurdischen Separatistenorganisation PKK sei, wie es zunächst hieß. Seine Familie beharrt allerdings darauf, er sei Türke. Freunde und Bekannte beschreiben G. gar als türkischen Nationalisten - was ganz neue Fragen aufwirft.

Die drei Aktivistinnen Fidan Dogan, Leyla Saylemez und Sakine Cansiz waren in der Nacht zum 10. Januar erschossen worden. Die türkische Regierung mutmaßte wenig später, Streitigkeiten innerhalb der Kurdischen Arbeiterpartei PKK seien der Hintergrund der Tat. G. war einer der Letzten, der die drei Frauen vor der Tat gesehen hatte.

Zeuge verwickelte sich in Widersprüche

Die Pariser Polizei verhörte den 30-Jährigen zunächst als Zeugen. Er verwickelte sich jedoch in Widersprüche, Kameraaufnahmen sollen belegen, dass er zur Tatzeit am Tatort war. In seinem Auto fand die Polizei eine Tasche mit Pulverrückständen. Seither ist der 30-Jährige nicht mehr Zeuge, sondern Hauptverdächtiger.

Nachdem G. in ersten Berichten als Kurde bezeichnet worden war, erklärte sein Onkel im türkischen Fernsehen: "Wir sind Türken, reine Türken." Die Familie stammt demnach aus Sivas im Norden der Türkei, einer Nationalisten-Hochburg, und ist offenbar dort auf ihren rein-türkischen Ruf bedacht.

Aufgewachsen ist G. aber in Paris. 2005 heiratete er seine Cousine und zog zu ihr ins oberbayerische Bad Tölz. G. half eine Zeitlang in der Gaststätte eines türkischen Sportvereins in einem Nachbarort aus. Noch heute erinnern sich die Gäste an einen ruhigen Mann, der erzählte, dass er einen inoperablen Gehirntumor habe - und der bei Diskussionen mit nationalistischen Redebeiträgen auffiel. Nach der Scheidung von seiner Frau zog G. an den Schliersee, wenig später verschwand er - und tauchte plötzlich in Paris auf. Aber nicht etwa bei den nationalistischen Freunden seiner Familie, sondern in der kurdischen Exilgemeinde.

Verschwörung gegen die Friedensgespräche zwischen Türken und Kurden

Am 28. November 2011 trat er einem Kulturverein bei, der Verbindungen zur PKK haben soll. Ob er auch wirklich Kurde ist, überprüfte offenbar niemand. Doch was wollte G. bei PKK-Anhängern, wo er sich doch früher als Nationalist gebärdet hatte? Für viele Kurden riecht das einer Verschwörung gegen die Friedensgespräche zwischen Türken und Kurden.

Ömer G. bestreitet, mit dem Tod der Frauen etwas zu tun zu haben. Alles Weitere verliert sich im Dickicht von Gerüchten. Die kurdische PKK vermutet den türkischen Staat hinter der Tat und verweist auf eine Äußerung des Vizechefs der türkischen Regierungspartei AKP, Mehmet Ali Sahin: Er hatte jüngst vor ähnlichen Morden auch in Deutschland gewarnt. Und das, so sieht es jedenfalls PKK-Funktionär Duran Kalkan, sei ein "Mordgeständnis".

© SZ vom 29.01.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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