Mögliche Partner:Jamaika fest im Blick

Lesezeit: 2 min

Die Grünen und die FDP reagieren auf die Einigung der Unionsparteien bei der Asylpolitik skeptisch, aber nicht grundsätzlich ablehnend. Am Mittwoch kommender Woche sollen die ersten Jamaika-Gespräche beginnen.

Von Constanze von Bullion, Mike Szymanski

Locker bleiben und bloß keine Türen zuschlagen - am Tag nach dem Flüchtlings-Kompromiss der Unionsparteien waren Grüne und FDP in Berlin um Gelassenheit bemüht. "Es ist jedenfalls sehr zu begrüßen, dass es endlich losgeht und die Union ihrer staatspolitischen Verantwortung nachkommt", sagte Grünen-Chef Cem Özdemir mit Blick auf erste Jamaika-Gespräche, die am Mittwoch kommender Woche beginnen sollen. Es gebe nun einen Kompromiss zwischen CDU und CSU, so Özdemir. Dies sei aber noch lange kein Kompromiss zwischen künftigen Regierungspartnern. "Na ja", sagte FDP-Generalsekretärin Nicola Beer: "ein erster Schritt."

Die Verständigung von CDU und CSU bei der Flüchtlings- und Einwanderungspolitik setzt vor allem die Grünen unter Druck. "Mit uns gibt es keine Grundgesetzänderung für eine Obergrenze beim Asylrecht", hatten sie im Wahlkampf erklärt. Und: "Weitere Asylrechtsverschärfungen und Abschiebungen in Kriegs- und Krisengebiete lehnen wir ab." Die Grünen halten es für verfassungswidrig, Flüchtlingen Asyl oder Schutz nach der Genfer Flüchtlingskonvention zu verwehren, weil eine willkürlich gesetzte Obergrenze erreicht ist, gleiches gilt für die FDP. Eine Grundgesetzänderung gilt als unverhandelbar.

"Noch ist dieser Kompromiss nicht das, was am Ende herauskommen wird."

Die Union betont nun, das Grundrecht auf Asyl unangetastet zu lassen, Asylbewerber aber in "Rückführungszentren" unterbringen zu wollen "bis zur schnellstmöglichen Entscheidung ihres Antrages". Bei manchen Grünen stößt das auf Skepsis. "Wenn wir riesige Einrichtungen schaffen, führt das zu Stress und behindert die Integration von Flüchtlingen in den Kommunen", sagte der Grünen-Politiker Volker Beck der SZ. Parteichef Özdemir hingegen betonte, ein Zentrum in Heidelberg sei "hervorragend aufgenommen worden".

Druck machen wollen die Grünen beim Familiennachzug. Nahe Angehörige von Flüchtlingen sollen nach Deutschland nachkommen dürfen, auch bei subsidiärem Schutz. Die Zahl der Antragsteller sei ohnehin gering, sagt Özdemir. Für Ärger dürfte das Thema sichere Herkunftsstaaten sorgen. "Die Liste der sicheren Herkunftsländer muss erweitert werden", heißt es dazu kategorisch bei CDU und CSU. Die Grünen lehnen es aber ab, die Maghreb-Staaten zu sicheren Herkunftsstaaten zu erklären. Die Beschlusslage sei eindeutig, sagte Özdemir. Es sei aber auch klar, "dass nicht jeder mit hundert Prozent rauskommt". FDP-Chef Christian Lindner sagte hierzu, Länder, "aus denen wir TUI-Kataloge für den Urlaub bekommen", seien für ihn sichere Herkunftsländer.

Überhaupt zeigten sich die Liberalen optimistisch, mit der Union ins Geschäft zu kommen. Seehofers Begrenzungszahl von 200 000 Schutzbedürftigen nannte Generalsekretärin Beer nur einen "Richtwert". Die Botschaft: Nichts ist in Stein gemeißelt. "Nachher ist dieser Kompromiss nicht das, was als Gesamtprojekt herauskommen wird", so Beer. Positiv sieht die FDP, dass ein Einwanderungsgesetz kommen soll. Ginge es nach den Liberalen, erhielte Deutschland sogar ein ganzes "Einwanderungsgesetzbuch". "Wir würden weiter gehen", sagt Generalsekretärin Beer hierzu. Von den Grünen wünsche sie sich die Bereitschaft, die "Realität zur Kenntnis" zu nehmen.

© SZ vom 10.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: