Missbrauchsskandal:Zollitsch gesteht Fehler der Kirche ein

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Umkehr an Karfreitag: Während der Papst zu den Missbrauchsfällen schweigt, äußert Erzbischof Zollitsch Selbstkritik. Die Kirche habe den Opfern zu wenig geholfen.

Es ist ein Thema, das die Osterfeierlichkeiten überlagert: der Missbrauchskandal der katholischen Kirche. Mehrere Bistümer haben angekündigt, eine besondere Fürbitte für die Opfer sprechen zu wollen. Der erste, der sich nun deutlich zum Missbrauchsskandal äußert, ist der Freiburger Erzbischof und Vorsitzender der deutschen Bischofskonferenz, Robert Zollitsch.

In einer Mitteilung, die seine Diözese an diesem Freitag verbreitete, räumte er Fehler der katholischen Kirche ein. Die Nachrichten über den sexuellen Missbrauch von Kindern und Jugendlichen durch Priester und andere Mitarbeiter erfülle die Kirche "mit Trauer, Entsetzen und Scham", erklärte der Erzbischof in einer Mitteilung, die seine Diözese verbreitete. In der Vergangenheit habe die Kirche den Missbrauchsopfern zudem zu wenig geholfen.

Es erschüttere die Kirche, "welches Leid den Opfern zugefügt wurde, die oft über Jahrzehnte hinweg ihre Verletzungen nicht in Worte fassen konnten", erklärte Zollitsch. "Es wurden Wunden gerissen, die kaum mehr zu heilen sind." Durch die Enttäuschung "über das schmerzliche Versagen der Täter und aus falsch verstandener Sorge um das Ansehen der Kirche" sei "der helfende Blick für die Opfer" in der Vergangenheit "nicht genügend gegeben" gewesen, räumte Zollitsch ein. Dieser "leidvollen Realität" müsse sich die Kirche stellen. Der Erzbischof verwies zugleich aber auch auf die "andere gesellschaftliche Situation", in der die Kirche nicht genug für die Opfer getan habe.

Der Karfreitag könne für die Kirche nun "zu einem Neuanfang werden, den wir alle so dringend benötigen", erklärte Zollitsch. Die katholische Kirche in Deutschland wird derzeit von einem Skandal über Misshandlungs- und Missbrauchsfälle in ihren Kinder- und Jugendeinrichtungen erschüttert, die meist über Jahrzehnte verschwiegen worden waren. Fälle von Missbrauch gab es darüber hinaus auch in nicht-kirchlichen Einrichtungen.

Der Papst kritisiert Abtreibung

Papst Benedikt XVI. ging zu Beginn der Osterfeierlichkeiten in Rom in seiner Predigt vor vielen Kardinälen, Bischöfen und Priestern nicht auf den Missbrauchsskandal ein, der in Irland und Deutschland die katholische Kirche in eine tiefe Krise gestürzt hat. Nur so viel: Priester seien berufen, "in der Gemeinschaft mit Jesus Christus Menschen des Friedens zu sein, der Gewalt entgegenzustehen und der größeren Macht der Liebe zu vertrauen", sagte der Papst.

"Auch heute ist es für Christen wichtig, dem Recht zu folgen, das die Grundlage des Friedens ist", sagte Benedikt XVI. und forderte dazu auf, sich als gute Staatsbürger zu verhalten. Weiterhin sei es für die Christen allerdings auch wichtig, "Unrecht, das zu Recht erhoben wird, nicht anzunehmen - etwa wenn es um die Tötung unschuldiger ungeborener Kinder geht". Gerade so dienten Christen dem Frieden, erläuterte das Kirchenoberhaupt seine erneute Kritik an Gesetzen zur Abtreibung.

Am Karfreitag werden Zehntausende von Pilgern und Touristen zu dem traditionellen Kreuzweg am Kolosseum erwartet. Am Ostersonntag erteilt der Papst dann auf dem Petersplatz seinen Segen "Urbi et Orbi".

Fürbitte für die Opfer

In den Karfreitags-Gottesdiensten sollte am Freitag in vielen Bistümern eine besondere Fürbitte für die Missbrauchsopfer gesprochen werden. Den Text hatte der Missbrauchsbeauftragte der Deutschen Bischofskonferenz, der Trierer Bischof Stephan Ackermann, vorgeschlagen.

21 von 27 Diözesen wollen die vorgeschlagene Fürbitte unverändert übernehmen. In dem von Ackermann vorgelegten Text wird gebetet "für die Kinder und Jugendlichen, denen inmitten des Volkes Gottes, in der Gemeinschaft der Kirche, großes Unrecht angetan wurde, die missbraucht und an Leib und Seele verletzt wurden".

© sueddeutsche.de/dpa/AFP/hai - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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