Minarett-Verbot in der Schweiz:"Zeichen des Hasses" - Muslime reagieren empört

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Vertreter des Islam, darunter Ali Gomaa, der Großmufti von Ägypten, kritisieren die Schweizer Entscheidung als Rechtsbruch. In Libyen werden heftige Reaktionen befürchtet.

In der muslimischen Welt stieß die Entscheidung der Schweizer, den Bau weiterer Minaretttürme zu verbieten, auf Unverständnis. Viele verstanden die Entscheidung als Beleidigung und Zeichen der Intoleranz.

Ali Gomaa, der Großmufti von Ägypten, kritisiert die Entscheidung der Schweizer als Verstoß gegen die Religionsfreiheit. (Foto: Foto: AFP)

Die Entscheidung der Schweizer fiel einen Tag nach dem muslimischen Opferfest und könnte daher als besondere Provokation verstanden werden. Am Sonntag hatten sich in einem Schweizer Volksentscheid 57,5 Prozent gegen den Bau von weiteren Moscheetürmen ausgesprochen.

Religionsfreiheit verletzt

Offizielle Vertreter des Islam wiesen darauf hin, dass das Ergebnis des Volksentscheids in Widerspruch zu den in der Schweiz geltenden Rechten stehe.

Ali Gomaa, der Großmufti von Ägypten, sagte nach Berichten der französischen Zeitung Le Monde: "Das Ergebnis dieses Volksentscheids ist nicht nur eine Verletzung der Religionsfreiheit, es ist auch eine Beleidigung der Muslime - in der Schweiz wie anderswo."

Ali Gomaa gilt als einer der bedeutendsten Gelehrten des traditionellen Islam. Als Großmufti ist er in Ägypten mit der offiziellen Auslegung der Religion beauftragt. In seinem Land besteht die Religionsfreiheit nur theoretisch.

Offizielle Islam-Stimmen versuchen zu beruhigen

Um möglichen Protesten wie nach dem Karikaturenstreit entgegenzuwirken, rief der Mufti die rund 400.000 in der Schweiz lebenden Muslime auf, mit den Schweizer Behörden "in Dialog zu treten". Er riet ihnen, über den Rechtsweg das Ergebnis des Volksentscheides anzufechten.

Im Karikaturenstreit hatte eine dänische Zeitung im September 2005 zwölf Abbildungen des islamischen Propheten Mohammed gedruckt. Nachdem Anfang 2006 neben den ursprünglichen Karikaturen auch nachträglich hinzugefügte, deutlich obszönere verbreitet wurden, kam es in der muslimischen Welt zu heftigen Protesten.

Vor diesem Hintergrund versuchte Maskuri Abdilla, Präsident der wichtigsten muslimischen Organisation Indonesiens, zu beruhigen. Er kritisierte zwar das Ergebnis des Volksentscheids als ein Zeichen des "Hasses" und der "Intoleranz" gegenüber dem Islam. Zugleich rief er die Muslime Indonesiens dazu auf, "nicht mit Exzessen zu reagieren". In Indonesien sind fast 90 Prozent der knapp 235 Millionen Bürger Muslime.

Auswirkungen auf die Schweizer Geiseln in Libyen befürchtet

Ein ungenannter Schweizer Geschäftsmann, der in der syrischen Hauptstadt Damaskus lebt, sagte dem Schweizer Tages-Anzeiger, mit der Entscheidung sei der gute Ruf der Schweiz im Nahen Osten zerstört. Die Entscheidung sei ein "Makel", der der Schweiz noch lange anhaften werde.

Der Geschäftsmann befürchte, dass die Schweizer Geiseln in Libyen die Folgen des Entscheids als erste zu spüren bekämen. Das Ergebnis sei "Wasser auf die Mühlen der Gaddafis". Es werde den Hass des libyschen Diktators auf die Schweiz verstärken.

Libyens Präsident Muammar Al-Gaddafi hält seit mehr als einem Jahr zwei Schweizer Geschäftsleute fest. Sie stehen wegen des Vorwurfs der Steuerhinterziehung und anderen Verletzungen ihrer Aufenthaltsbestimmungen vor Gericht. Im September hatte Gaddafi sogar die Auflösung der Schweiz gefordert. Auslöser von Gaddafis Streit mit der Schweiz war, dass sein Sohn Mitte Juli in Genf vorübergehend festgenommen wurde.

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