Migration:Maas warnt vor «verbaler Radikalisierung» in Flüchtlingskrise

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Justizminister Maas mahnt Sachlichkeit in der Flüchtlingsdebatte an. (Foto: Bernd von Jutrczenka)

Berlin (dpa) - Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) fordert eine verbale Abrüstung in der Debatte um die Flüchtlingspolitik. "Über den richtigen Weg müssen wir diskutieren, Sorgen und Ängste müssen wir ernst nehmen", sagte der SPD-Politiker der Deutschen Presse-Agentur.

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Berlin (dpa) - Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) fordert eine verbale Abrüstung in der Debatte um die Flüchtlingspolitik. „Über den richtigen Weg müssen wir diskutieren, Sorgen und Ängste müssen wir ernst nehmen“, sagte der SPD-Politiker der Deutschen Presse-Agentur.

„Aber es bringt niemandem etwas, wenn wir uns gegenseitig kriminalisieren oder den Untergang des Abendlandes an die Wand malen.“ Eine „verbale Radikalisierung“ nütze am Ende nur den Rechten. Aus den Ländern kam erneut der Ruf nach mehr finanzieller Unterstützung durch den Bund bei der Versorgung der Flüchtlinge.

Mit Blick auf die zahlreichen Brandanschläge auf Flüchtlingsunterkünfte sagte Maas: „Leider leistet die Hetze etwa in den „sozialen“ Netzwerken mit den Worten auch den Taten Vorschub. Der Appell des Ministers dürfte aber auch an die Adresse von CSU-Chef Horst Seehofer gerichtet sein. Der bayerische Ministerpräsident hatte zuletzt in der Koalition für Empörung gesorgt, weil er die Flüchtlingspolitik von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) mit einer „Herrschaft des Unrechts“ verglichen hatte.

Justizminister Maas nahm Merkel in Schutz. „Die Unterstellung, die Aufnahme vieler Flüchtlinge im September vergangenen Jahres sei rechtswidrig gewesen, ist falsch.“ Das EU-Recht sehe zwar vor, dass Asylverfahren grundsätzlich in dem Mitgliedsstaat durchgeführt würden, wo ein Flüchtling erstmals die EU-Außengrenze überschreitet. Aber die Dublin-Verordnung erlaube auch, dass ein eigentlich unzuständiger Staat das Verfahren selbst übernimmt. Von diesem Recht habe Deutschland vergangenes Jahr in einer Ausnahmesituation vorübergehend Gebrauch gemacht, erläuterte Maas. „Eine Praxis, die übrigens im November bereits wieder beendet wurde. Von einem Rechtsbruch durch die Aufnahme der Flüchtlinge kann keine Rede sein.“

Im neuen „Spiegel“ stellte sich Seehofer zwar hinter Merkel, doch die Entrüstung über ihn hielt an, Maas' Aufruf zur verbalen Abrüstung kam bislang nicht überall an. Der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) sieht den CSU-Chef in einem Interview der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (Samstag) als einen „Kronzeugen“ der islamfeindlichen Pegida-Bewegung. Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter verglich Seehofer in der „Frankfurter Rundschau“ (Samstag) mit dem umstrittenen US-Präsidentschaftsbewerber Donald Trump.

Der linke Flügel in der SPD-Bundestagsfraktion, die SPD-Linken im Parteivorstand und der Juso-Bundesvorstand rufen einem Medienbericht zufolge die Kanzlerin auf, im Konflikt mit der CSU „die Reißleine zu ziehen“. Sie müsse „die CSU vor die Entscheidung stellen, ob sie noch Teil dieser Bundesregierung sein will“, zitierte das Redaktionsnetzwerk Deutschland (Samstag) aus einem ihm vorliegenden Papier der drei Gruppen.

Vergangenes Jahr waren in Deutschland mehr als eine Million Asylbewerber registriert worden - so viele wie nie zuvor in einem Jahr. Im Januar erfassten die Behörden mehr als 90 000 Asylsuchende.

Baden-Württembergs Integrationsministerin Bilkay Öney (SPD) machte dafür auch die hohen Standards bei der Flüchtlingsaufnahme mitverantwortlich. „In einigen Ländern campieren die Flüchtlinge auf der grünen Wiese. Und dann kommen sie nach Deutschland und finden ein nahezu perfektes Aufnahmesystem - wenn sie in das richtige Bundesland kommen“, sagte sie der „Welt“ (Samstag). Ziel der EU müsse ein umfassendes europäisches Flüchtlingsrecht sein. „Dafür müsste man vielleicht auch in Deutschland bestimmte Standards für Flüchtlinge senken.“

Bremens Oberbürgermeister Carsten Sieling (SPD) pochte auf mehr Unterstützung durch den Bund. Länder und Kommunen könnten die Kosten für Flüchtlingsunterbringung und -integration nicht allein stemmen, sagte er der dpa. Der nordrhein-westfälische Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) erwartet nach einem Bericht des Redaktionsnetzwerks Deutschland (Samstag) Kosten für die Länder in Höhe von 20 bis 25 Milliarden Euro in diesem Jahr.

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