Migration:Frontex soll helfen

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Bundesinnenminister Horst Seehofer hat seinen EU-Kollegen ein Konzeptpapier für einen "Neustart" in der Migrationspolitik vorgelegt. Demnach sollen Asylanträge bereits bei Einreise vorab geprüft werden.

Von Karoline Meta Beisel, Brüssel

Noch in diesem Winter will die neue Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen einen Vorschlag für einen Neustart in der Migrationspolitik machen. Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hat bereits eigene Ideen, wie die seit Jahren festgefahrene Debatte wieder in Bewegung kommen könnte. An diesem Montag stellte er den EU-Innenministern ein vierseitiges Konzeptpapier vor, wie so ein "Neustart" gelingen könnte.

Demnach sollen Migranten künftig bereits bei ihrer Einreise eine Art Vorprüfung durchlaufen. "Eine gemeinsame EU-Asylpolitik sollte nach unserer Auffassung an den Außengrenzen der EU ansetzen", sagte Seehofer in Brüssel. Nur wessen Asylantrag Aussicht auf Erfolg haben könnte, soll seinem Vorschlag zufolge in die EU einreisen dürfen. Die Grenzschutzagentur Frontex solle dabei helfen, all jene zurückzubringen, die bereits hier scheitern.

Seehofers Papier sieht außerdem vor, dass künftig nur noch jeweils ein Staat für einen Asylbewerber zuständig ist, und Migranten auch nur dort Anspruch auf Unterkunft und sonstige Hilfsleistungen haben sollen. So will Seehofer die sogenannte Sekundärmigration eindämmen: das Phänomen, dass viele Migranten nicht in dem Land bleiben, das eigentlich für sie zuständig ist. Bei nationalen Grenzkontrollen sehe man, "dass sich da Menschen bewegen, die nicht einreiseberechtigt sind, oder die mit Haftbefehl gesucht werden", sagte Seehofer. "Das zeigt, wie dringend notwendig dieser Aspekt ist."

Offen ist, welches EU-Land sich um die Rückführung kümmert

Die beiden EU-Kommissare, die seit ihrem Amtsantritt am Sonntag für das Thema zuständig sind, begrüßten Seehofers Vorschläge - wenn auch mit unterschiedlichem Enthusiasmus. "Wir stimmen vollkommen mit Deutschland überein. Und wir brauchen so eine Art des Einvernehmens mit allen", sagte Margaritis Schinas. Als neuer Kommissar für die "Förderung der europäischen Lebensweise" hat Schinas bei dem Thema jedoch eine eher koordinierende Rolle. Für die Details ist Ylva Johansson zuständig, die neue Innenkommissarin aus Schweden, und die äußerte sich deutlich vorsichtiger. Derzeit gebe es mehrere Vorschläge, sagte Johansson. Sie stellte aber auch fest: "Es gibt derzeit ein Momentum für einen neuen Start."

Dass sich bei diesem Neustart Seehofers Vorschläge eins zu eins wiederfinden werden, ist unwahrscheinlich - dazu spart das Papier zu viele Fragen aus. Sollen die neuen Vorprüfungen zum Beispiel inner- oder außerhalb des EU-Territoriums stattfinden? Welches Land wäre bereit, die dafür nötige Infrastruktur bei sich zur Verfügung zu stellen? Seehofer zufolge soll sich die Europäische Asylagentur um die Vorprüfung kümmern. Dafür müssten die Mitgliedstaaten aber entsprechende nationale Kompetenzen an die Agentur abtreten, die bis jetzt eher unterstützend tätig ist. Offen ist auch, welches EU-Land für die Rückführung der schon an der Grenze abgelehnten Asylbewerber zuständig wäre. Das aber ist eine Kernfrage: Länder an den EU-Außengrenzen, etwa Griechenland oder Italien, fühlen sich in dieser Frage von der Staatengemeinschaft oft alleingelassen.

In dem Papier heißt es weiter, dass jedes Land einen "gerechten Anteil" an den Pflichten tragen solle, abhängig von Einwohnerzahl und Wirtschaftskraft. Östliche EU-Staaten wie Polen oder Ungarn weigern sich jedoch seit Jahren, Migranten aufzunehmen. Tschechien etwa lehnte Seehofers Pläne bereits vor Beginn des Ministertreffens ab.

© SZ vom 03.12.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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