Migration:«Dschungel von Calais» darf teilweise geräumt werden

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Spezialkräfte der Polizei im „Dschungel“ in Calais: Tausende Flüchtlinge hausen hier in einer Art Slum und warten auf eine Chance, nach Großbritannien zu gelangen. Foto: Yoan Valat (Foto: dpa)

Calais (dpa) - Frankreich darf einen Teil des Flüchtlingslagers von Calais räumen. Das Verwaltungsgericht von Lille wies Einsprüche von Migranten und Hilfsorganisationen gegen die Anordnung zurück - nur bestimmte Hütten wie eine Schule und Kultstätten dürfen zunächst nicht abgerissen werden.

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Calais (dpa) - Frankreich darf einen Teil des Flüchtlingslagers von Calais räumen. Das Verwaltungsgericht von Lille wies Einsprüche von Migranten und Hilfsorganisationen gegen die Anordnung zurück - nur bestimmte Hütten wie eine Schule und Kultstätten dürfen zunächst nicht abgerissen werden.

Die Behörden wollen aber behutsam und schrittweise vorgehen und Gewalt vermeiden: Es sei nie darum gegangen, das Gelände brutal mit Bulldozern zu räumen, betonte Innenminister Bernard Cazeneuve.

Die Präfektur will den südlichen Teil des als „Dschungel von Calais“ bekannten Baracken- und Zeltlagers an der Ärmelkanalküste auflösen. Nach Angaben der Bürgermeisterin von Calais, Natacha Bouchart, könnte dies etwa drei Wochen dauern. Offiziellen Schätzungen zufolge sind 800 bis 1000 Migranten betroffen - Hilfsorganisationen gehen aber von deutlich mehr Menschen aus und fürchten, dass sie nun an andere Orte ausweichen, wo die Lebensbedingungen noch schlechter sind.

In Calais sammeln sich seit Jahren Menschen, die illegal nach Großbritannien gelangen wollen. Im vergangenen Jahr hatte sich die Lage deutlich zugespitzt, die Teilräumung soll nun ein wichtiger Schritt bei der Lösung des Problems sein, viele ehrenamtliche Helfer vor Ort sind aber skeptisch. Auf der Heidelandschaft neben dem Hafenzubringer halten sich nach Behördenangaben derzeit rund 3700 Migranten auf, sie leben teils in Slum-ähnlichen Bedingungen.

Die Betroffenen sollen entweder in ein vor kurzem eingerichtetes Containerlager neben dem „Dschungel“ ziehen, in dem allerdings nur noch wenige Plätze frei sind, oder in Aufnahme- und Orientierungszentren gebracht werden, die im ganzen Land eröffent wurden. Dort bekommen sie dann Begleitung beim Asylverfahren. „Wir haben eine Lösung für jeden“, versprach Präfektin Fabienne Buccio.

Kritiker entgegnen, dass viele der Menschen gar kein Asyl in Frankreich beantragen wollen, sondern nach einer Möglichkeit suchen, auf die andere Seite des Kanals zu kommen. „Es werden wieder viele kleine Dschungel enstehen“, sagte Maya Konforti von der örtlichen Hilfsorganisation L'Auberge des Migrants dem Sender BFMTV.

Auch Belgien fürchtet, dass infolge der Räumung Migranten ins Land kommen und dort ähnliche Lager wie in Calais entstehen könnten. Cazeneuve äußerte am Rande eines EU-Innenministertreffens in Brüssel sein Unverständnis, dass das Nachbarland deshalb Kontrollen an seiner Grenze zu Frankreich angeordnet hat. „Diese Entscheidung ist für uns seltsam, und die Begründung ist es auch“, so der Franzose. „So zu tun, als könnte es wegen dieser Unterbringung einen Andrang von Migranten an der belgischen Grenze geben, entspricht einfach nicht der Realität.“

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