Migration:Die See wird rauer

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Die Blockade-Politik Roms zeigt Wirkung: Die Hauptroute von Bootsflüchtlingen führt nun nach Spanien. (Foto: Jesus Merida/dpa)

Ein Fischerboot mit Flüchtlingen an Bord findet keinen Mittelmeerhafen zum An­landen - Italien, Malta und auch Spanien sperren sich.

Von Andrea Bachstein, München

Ob die zwölf Männer aus Afrika an Bord der Nuestra Madre de Loreto auch in die Statistik der über das Mittelmeer nach Europa gelangten Flüchtlinge und Migranten eingehen werden, ist noch nicht klar. Der kleine spanische Fischtrawler hat sie vor mehr als einer Woche in internationalen Gewässern etwa 60 Seemeilen vor Libyen aufgenommen, und er gerät in eine immer prekärerer Lage, der Treibstoff werde knapp, hat Kapitän Pascal Durá gewarnt. Doch das mit insgesamt 25 Menschen überfüllte Schiff aus Alicante musste am Freitag weiter auf dem rauer werdenden Mittelmeer ausharren. Malta und Italien verweigern ihm die Landung, so wie die Regierung seines Herkunftslandes Spanien. Was seit dem Sommer den Schiffen der privaten Rettungsorganisationen auf dem Mittelmeer passiert ist, trifft nun ein normales Fischerboot.

Nach Libyen zurück, wo sie mit Schlauchbooten aufgebrochen waren, wollen die Geretteten auf keinen Fall. Lieber würde er sterben, sagte einer von ihnen. Kapitän Durá, der sich ebenfalls weigert, die Flüchtlinge nach Libyen zu fahren, hat spanischen Medien geschildert, wie es zuging. Dass die Flüchtlinge ins Wasser gesprungen und zur Nuestra Madre de Loreto geschwommen seien, als sich ein libysches Küstenwachboot näherte. Sie hätten sich am Heck seines Schiffs festgeklammert, um ja nicht von den Libyern wieder in das nordafrikanische Land gebracht zu werden. Menschenrechts- und Flüchtlingsorganisation sowie einige Europaabgeordnete appellieren an EU-Länder, das Dutzend Leute von der Nuestra Madre de Loreto aufzunehmen. Das UNHCR, die Flüchtlingsorganisation der Vereinten Nationen, erinnerte, dass Libyen kein sicherer Hafen für Migranten ist. Mittlerweile sind die schrecklichen Verhältnisse in den Lagern und Gefängnissen bekannt, mangelnde Versorgung, Folter, Misshandlung, Vergewaltigung gehören zum Alltag. Insgesamt sollen sich etwa 600 000 Flüchtlinge in Libyen aufhalten.

Immerhin sind inzwischen weniger Flüchtlinge und Migranten dort in Lagern, wie die Internationale Organisation für Migration (Iom) diese Woche mitteilte. In 26 Lagern befänden sich etwa 5000 Menschen, sagte Iom-Experte Patrice Quesada in Brüssel. Vor einem Jahr seien es 17 000 gewesen. Auch Quesada betonte im Europaparlament: "Libyen ist nicht sicher - Punkt!" Die EU, allen voran Italien, setzt aber zunehmend darauf, dass die schlecht ausgerüstete libysche Küstenwache versucht, Migranten und Flüchtlinge von der Überfahrt nach Europa abzuhalten. Laut Iom wurden in diesem Jahr circa 15 000 Menschen wieder in Libyen an Land gebracht. Das hat dazu beigetragen, dass die Hauptroute der Boatpeople nicht mehr von Libyen nach Italien führt, wo bisher 2018 an die 23 000 Menschen landeten. Weitaus mehr kamen über Marokko nach Spanien, bisher etwa 53 000.

Derweil versorgen private Rettungsorganisationen Mannschaft und Flüchtlinge auf der Nuestra Madre de Loreto so gut es geht auf See, zwei Gerettete seien minderjährig, teilte die Organisation Sea-Watch auf Twitter mit. Das nur 24 Meter lange Boot kämpft zunehmend mit dem Wellengang, es ist vorsichtshalber näher an die sizilianische Insel Lampedusa herangefahren.

© SZ vom 01.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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