Migration:Bulgarien will Grenzschutz verstärken

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Zwischen Bulgarien und der Türkei sollen, neben Polizei und Grenzwache, zukünftig auch Soldaten Flüchtlinge ohne Papiere fernhalten - dabei gelangen ohnehin nur wenige Migranten und Flüchtlinge ins Land.

Von Florian Hassel, Warschau

Es sind eigentlich beruhigende Zahlen des bulgarischen Innenministeriums: Der Zustrom von Flüchtlingen sei drastisch gesunken. Im ersten Halbjahr 2016 wurden offiziell 7134 Migranten ohne Papiere festgenommen - von Januar bis Juni 2017 noch 1461. Bulgariens Aufnahmelager sind fast leer: Dort waren Anfang August 1513 Flüchtlinge untergebracht - und nicht einmal zu einem Drittel ausgelastet. Gewiss: Dazu kommen Bürgergruppen zufolge mehrere Tausend Flüchtlinge, die nicht in staatlichen Einrichtungen leben. Doch selbst dann ist die Zahl von Flüchtlingen und Migranten in Bulgarien gering.

Einen anderen Eindruck gewinnt, wer Verteidigungsminister Krasimir Karakachanov zuhört. Das Führungsmitglied des nationalistisch-populistischen Wahlbündnisses Vereinigte Patrioten ist seit Mai 2017 an der Regierung. Seit der moskaunahe Ex-Geheimdienstler am 4. Mai Verteidigungsminister geworden ist, tritt er für den Kauf neuer Kampfflugzeuge ein, bessere Beziehungen zu Russland und mehr Härte gegenüber "illegalen Migranten".

An der Grenze zwischen Bulgarien und der Türkei werde er neben Grenzwachen und Polizei verstärkt Militär, insgesamt "bis zu 600 Soldaten", einsetzen, sagte der Minister der Welt. In Italien oder Griechenland sollten "Truppen von Nato oder EU" eingesetzt werden und "die Außengrenzen der Europäischen Union notfalls mit Waffengewalt verteidigen, forderte er. Wenn die Migranten dann sähen, dass sie nicht mehr durchkämen und keinen Fuß mehr auf europäischen Boden setzen könnten, "werden sie zu Hause bleiben". Mit der Realität haben solche Vorschläge schon in Bulgarien wenig zu tun: Bulgariens Grenzer und Polizisten sind - bis in die Führungsspitzen - notorisch korrupt: Allein 2017 wurden an der zaunbewehrten Grenze zur Türkei, aber auch an Kontrollpunkten zu Serbien, Rumänien und selbst am Flughafen von Sofia Dutzende korrupte Beamte festgenommen, die Flüchtlinge gegen Geld ins Land ließen. Am Flughafen bekam ein Beamter in nur einem Fall umgerechnet 2000 Euro Bestechungsgeld - mehr als ein halbes Jahresgehalt. Und auch Bulgariens Militär gilt keineswegs als frei von Korruption.

Gleichwohl lag Bulgarien selbst 2015, auf dem Höhepunkt der Flüchtlingskrise, an deren Rand: Das lag an der bescheidenen Betreuung von Hilfesuchenden im ärmsten EU-Land und auch an der Bürgergruppen zufolge oft brutalen Behandlung durch Grenzer und Polizisten. Nationalisten und Populisten scheuten auch informelle Bündnisse mit Kriminellen nicht, um an der Grenze mit "Bürgerwehren" Jagd auf Flüchtlinge zu machen.

Dennoch findet Verteidigungsminister Karakachanov mit seinen Parolen gegen "illegale Migranten" und dem Warnen vor der angeblichen Flüchtlingsgefahr Anklang: Schon 2016 sahen vier Fünftel der Bulgaren Flüchtlinge als Gefahr für die nationale Sicherheit, so eine Umfrage von Alpha Research. Knapp drei Viertel der Bulgaren würden eine Einreisesperre für Muslime unterstützen, erhob Gallup International Bulgaria im Februar 2017. Verteidigungsminister Karakachanov genießt das Vertrauen von 28 Prozent der Bulgaren. Das ist Platz drei, hinter Präsident und Regierungschef.

© SZ vom 18.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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