Großbritannien:Boot mit Migranten kentert im Ärmelkanal - sechs Menschen sterben

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Eine Gruppe von mutmaßlichen Migranten überquert den Ärmelkanal in einem kleinen Boot in Richtung Dover (Symbolbild). (Foto: Gareth Fuller/picture alliance/dpa/PA Wire)

Das vollkommen überladene Flüchtlingsboot gerät in der Nähe von Calais vor der Küste Frankreichs in Seenot. Über 50 Menschen, die nach Großbritannien flüchten wollten, werden gerettet.

Im Ärmelkanal sind beim Kentern eines Flüchtlingsbootes mindestens sechs Menschen ums Leben gekommen. Etwa 50 Personen seien gerettet worden, teilten die französischen Behörden am Samstag mit. Eine Person sei mit einem Helikopter in ein Krankenhaus geflogen und für tot erklärt worden. Fünf weitere gerettete Menschen befanden sich laut erster Auskunft der Behörden in einem schlechten Zustand. Später wurde mitgeteilt, dass auch sie für tot erklärt wurden. Die Staatsanwaltschaft leitete Untersuchungen ein.

Die Menschen hätten am frühen Morgen versucht, mit dem Boot von Frankreich aus den Ärmelkanal zu überqueren und nach Großbritannien zu gelangen. Gegen sechs Uhr am Morgen sei eine umfassende Rettungsaktion gestartet worden, als Dutzende Boote gleichzeitig die Überfahrt versucht hätten, sagte der örtliche Bürgermeister, Franck Dhersin. "Mehrere Boote hatten ernsthafte Schwierigkeiten." In der Nähe der Küstenstadt Sangatte seien leider tote Menschen geborgen worden. Den Behörden zufolge war eine Such- und Rettungsaktion in Gang. Die britische Küstenwache teilte mit, sie habe bei dem Untergang eines anderen Bootes alle Insassen retten können.

Verzweifelte Versuche, Wasser aus dem Boot zu schöpfen

Der Ärmelkanal zwischen Frankreich und Großbritannien ist einer der verkehrsreichsten Schifffahrtswege der Welt. Die Strömungen sind stark. Daher ist eine Überfahrt mit kleinen Booten gefährlich. Dennoch versuchen immer wieder Migranten, illegal von Frankreich aus nach Großbritannien zu gelangen. Schlepperbande überladen in der Regel klapprige Schlauchboote, sodass sie kaum über Wasser bleiben und Gefahr laufen zu kentern. "Wir haben 54 Menschen gerettet, darunter eine Frau", sagte Anne Thorel, eine Freiwillige, die auf einem der Rettungsboote war. Sie schilderte die verzweifelten Bemühungen der Migranten, mit ihren Schuhen Wasser aus ihrem sinkenden Boot zu pumpen. "Es waren zu viele von ihnen auf dem Boot."

Frankreichs Ministerpräsidentin Elisabeth Borne kündigte an, der stellvertretende Minister für maritime Angelegenheiten, Herve Berville, werde nach Calais zu der Unglücksstelle reisen. "Meine Gedanken sind bei den Opfern", schrieb sie im Kurznachrichtendienst X, ehemals Twitter. Auch die britische Innenministerin Suella Braverman erklärte, sie sei in Gedanken und Gebeten bei den Opfern. Britische und französische Behörden würden bei den Rettungsaktionen zusammenarbeiten.

Nach Daten der britischen Regierung hat die Zahl der Migranten, die seit Anfang 2018 den Ärmelkanal überquerten, diese Woche den Wert von 100 000 überstiegen. In diesem Jahr sind es demnach bislang knapp 16 000. Premierminister Rishi Sunak versucht, mit einer restriktiven Asylpolitik die Zahl der nach Großbritannien kommenden Migranten zu verringern. Seine Regierung drohte jüngst sogar mit lebenslanger Haft für Anwälte, die Migranten bei der Fälschung von Asylanträgen helfen. Sunak hat es zu einem seiner zentralen Ziele erklärt, die Boote zu stoppen - bisher ohne Erfolg. Die Konservativen hatten angekündigt, mit dem Brexit werde die Migration nachlassen. Allerdings gibt es seitdem kein Rücknahmeabkommen mehr mit der EU.

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