Er wolle eine Mauer errichten im Süden gegen Migranten, und er wolle, dass Mexiko dafür zahle, hat US-Präsident Donald Trump mal gesagt. Nun hat er seine Mauer, sie wird von Mexiko bezahlt, allerdings besteht sie nicht aus Beton, sondern aus weißgekleideten mexikanischen Nationalgardisten, die sich in diesen Tagen an der Grenze zu Guatemala zu einer menschlichen Mauer formiert haben, um Tausende Einwanderer einer neuen caravana aus Mittelamerika von mexikanischem Staatsgebiet fern zuhalten - und damit auch von der Nordgrenze zu den USA. Lückenlos dicht ist die Mauer allerdings nicht, immer wieder gelingt es Migranten, zu Hunderten durchzuschlüpfen. Am Donnerstag wichen sie auf eine Brücke aus, die sie bisher nicht benutzten, um bei Ciudad Hidalgo den Grenzfluss zu überqueren. Andere versuchen es über die Hügel auf schlammigen Pfaden, wo sie allerdings immer wieder von Banden überfallen werden. Die meisten aber sind diese Woche vergeblich angerannt gegen die mexikanische Menschenmauer.
Auch jene, die es schaffen, kommen meist nicht weit. Sie werden von Lastern der mexikanischen Migrationsbehörde INM eingesammelt. Präsident Andrés Manuel López Obrador hat sich angesichts dieser menschlichen Tragödie und des Drucks der USA zu einer umstrittenen Politik entschlossen. Am Dienstag und Mittwoch ließ er Hunderte Migranten mit Flugzeugen und Bussen zurück nach Honduras bringen. Das allerdings ist das Letzte, was die Teilnehmer der caravanas wollen, denn in ihren Heimatländern erwartet sie Armut, Perspektivlosigkeit und Gewalt. "Sie haben meinen Bruder getötet, ich will nicht sterben", rief ein Mann an der mexikanischen Grenze. Ricardo Cortez, Sprecher der Migranten am Übergang El Ceibo, sagte dem salvadorianischen Internetportal El Faro, man habe zuhause alle Brücken abgebrochen: "Wir wollen zusammen weitermarschieren." Viele Migranten haben sich inzwischen allerdings entschlossen, die Angebote der mexikanischen Regierung anzunehmen und in Mexiko zu bleiben - ihre Präsenz allerdings hat im letzten Wahlkampf zu fremdenfeindlichen Kundgebungen geführt, denn Mexikos Arbeitsmarkt ist eng.
Donald Trump jedenfalls hat sein Ziel erreicht. Ähnlich wie Angela Merkel und die EU im Deal mit der Türkei hat er es geschafft, etwas Druck von seiner eigenen Grenze zu nehmen und anderen, in diesem Fall den Mexikanern, die Last aufzubürden. Trump winkt auch bereits mit der Belohnung: Der Nachrichtenagentur Reuters zufolge will er kommende Woche das neue USMCA-Handelsabkommen mit Mexiko und Kanada unterzeichnen. Dafür sei am Mittwoch eine Zeremonie im Weißen Haus geplant, sagte ein Regierungsvertreter zu Reuters. Trump hatte mit hohen Zöllen gedroht, sollte Mexiko die Migration nicht stoppen.
Auch Honduras wird auf alle mögliche Arten ermutigt, seine Bürger aufzuhalten. Einem Papier der honduranischen Regierung zufolge soll eine eigens geschaffene private US-Finanzierungsagentur in dem Land in Infrastruktur und Elektrizität investieren, natürlich sollen US-Firmen zum Zuge kommen. Auf die Regierung in Honduras wird im Gegenzug Druck ausgeübt, international Wohlverhalten zu zeigen, etwa bei der Verurteilung "iranischer Aggression" auf die USA.
Honduras ist so gefährlich, dass auch Schwangere und Minderjährige fliehen
Präsident Juan Orlando Hernández trat mit einem US-Staatssekretär im Heimatschutzministerium auf, um zu verkünden, man werde sich um ein bilaterales Migrationsabkommen bemühen. Ein solches existiert bereits mit Guatemala, in dem das Land als sicheres Drittland eingestuft wird, was nach Meinung von Menschenrechtlern ein Witz ist, da Guatemala ebenso wie Honduras zerfressen ist von der Gewalt der Drogenbanden. Beide Länder haben mit die höchsten Mordraten Amerikas aufzuweisen. Höchste Kreise sind verwickelt, in den USA wartet der Bruder des honduranischen Präsidenten, Tony Hernández nach seiner Verurteilung wegen Drogenhandels nur noch auf das Strafmaß. Eine international besetzten Kommission, die Korruption aufdecken sollte, wurde kalt gestellt, nachdem sie den Machenschaft herrschender Cliquen in Honduras auf die Spur gekommen war.
In dieser Situation sehen viele Menschen keine Zukunft mehr im Land. Das Komitee der honduranischen Mennoniten hat Auswanderer in San Pedro Sula nach ihrem Aufbruch befragt, die meisten berichteten von erschütternden Gewalterlebnissen. So fliehen nicht mehr nur junge Männer, sondern Familien, Schwangere, Minderjährige, Behinderte. El Faro erzählt die Geschichte eines Flüchtlings, der sich selbst als "Veteran" der caravanas bezeichnet. 2018 schaffte er es sogar in die USA, wurde aber deportiert. Doch in Honduras war es so schrecklich, dass er in El Ceibo nun wieder an der Grenze steht. Wenn er es schafft, will er in Mexiko bleiben. Immerhin etwas.