Metallindustrie:Rechnung und Quittung

Geld dafür, dass man weniger arbeitet? Das ist widersinnig.

Von Detlef Esslinger

Vielleicht ist es sogar weise, dass die Arbeitgeber der IG Metall die Möglichkeit geben, sich auszutoben. Die Gewerkschaft wird diese Woche nun 250 Betriebe lahmlegen, die Arbeitgeber verzichten darauf, dies mithilfe von einstweiligen Verfügungen zu verhindern - obwohl dies ein Streik sein wird, der juristisch durchaus Angriffsflächen bietet.

Aber indem ein Streik verboten würde, wäre ein Tarifkonflikt ja nicht gelöst. Zwischen Tarifverhandlungen und - zum Beispiel - Koalitionsverhandlungen gibt es einen grundsätzlichen Unterschied: Tarifverhandlungen müssen irgendwann zwingend in einen Vertrag führen. Lieber gar kein Vertrag als ein falscher Vertrag? Solch einen Spruch kann sich ein FDP-Vorsitzender zurechtlegen, aber kein Tarifunterhändler. Was eine Gewerkschaft im Gerichtssaal verliert, holt sie sich am Verhandlungstisch doppelt zurück.

Allerdings ist es genau diese Art von Stärke, die bei der IG Metall zu den falschen Schlüssen führt. Mag ja sein, dass sie am Ende doch noch ein Konstrukt durchdrückt, bei dem man Geld dafür bekommt, dass man weniger arbeitet. Aber soll so etwas Widersinniges eine Werbung für Tarifverträge sein? Was hat sie von einem Sieg, der nur dazu führt, dass Firmen in Scharen den Arbeitgeberverband verlassen und ihr mit der Zeit die Tarifpartner ausgehen? Manche Gewerkschafter freuen sich über die Rechnung, die sie diese Woche den Arbeitgebern schicken wollen. Sie werden aber auch noch eine Quittung bekommen.

© SZ vom 29.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: