Mazedonien:Tausende stranden in Griechenland

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Seitdem Mazedonien verschärft kontrolliert, spitzt sich die Lage an der Grenze zu. Die griechischen Behörden sind ratlos.

Von Mike Szymanski, Istanbul

Nachdem Mazedonien weiterhin nur noch ausgesuchte Flüchtlinge ein- und weiterreisen lässt, verschärft sich die Lage in Griechenland von Tag zu Tag. Hunderte Verzweifelte haben sich am Donnerstag zu Fuß auf den Weg vom Landesinneren zur etwa 200 Kilometer nördlich liegenden Grenze zu Mazedonien gemacht. Die Polizei hat Mühe, die Menschen von ihrem Plan abzuhalten. Beamte und freiwillige Helfer versorgten die Flüchtlinge mit Getränken und Essen.

Seit Mazedonien am vergangenen Wochenende die Grenzkontrollen verschärft hat, Syrer und Iraker nur noch mit gültigen Papieren, Afghanen gar nicht mehr passieren lässt, stauen sich die Flüchtlinge an der Grenze im Norden Griechenlands. Nur noch wenige Hundert am Tag werden durchgelassen. Migrationsminister Yannis Mouzalas befürchtet, dass die Zahl der Flüchtlinge, die in seinem Land bald festsitzen werden, rasch auf 70 000 steigen könnte. Kapazitäten habe das Land für 50 000, erklärte sein Ministerium. Es sei nur eine Frage von Tagen, bis Griechenland an seine Grenze stoße, teilte die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen mit. Schon jetzt suchen die Behörden in vielen Landesteilen Notunterkünfte. Bislang hatten Flüchtlinge Griechenland eher als Durchgangsstation betrachtet.

Schlepperbanden hatten in den vergangenen sieben Tagen mehr als 12 000 Menschen aus der Türkei über die Ägäis zu den griechischen Inseln gebracht, teilte die Küstenwache mit. Um 6.40 Uhr am Donnerstag brachte die Fähre Blue Star wieder 1352 Flüchtlinge von den Inseln aufs Festland. Anders als bisher versuchen die Behörden, sie von der Weiterreise bis zur Grenze abzuhalten; die Busse in den Norden fahren nicht mehr. Im Stadtzentrum von Athen campieren bereits wieder die ersten Flüchtlinge. Die Plätze in den Heimen werden knapp. Prekär ist die Lage auch in den nördlichen Hafenstädten. Im Unterkunftszentrum Diavata nahe Thessaloniki haben Flüchtlinge einen Zaun niedergerissen. Gut 1000 Männer, Frauen und Kinder wollten sich zu Fuß auf den Weg zum Grenzort Idomeni machen. "Wir sind keine Gefängnisinsassen, wir wollen nach Europa", riefen einige. In Kavala wurde ein Schwimmbad über Nacht zur Notunterkunft umfunktioniert. Das Flüchtlingshilfswerk UNHCR hat griechischen Medien zufolge bei der Hotelbesitzervereinigung angefragt, mehr als 100 Zimmer im Umkreis von Athen und Thessaloniki für den Zeitraum von neun Monaten zur Verfügung zu stellen.

Unterdessen erhält die griechische Regierung ihre Drohung aufrecht, wichtige Beschlüsse der Europäischen Union künftig blockieren zu wollen, sollte sich die EU weiter weigern, zu einer gerechten Lastenverteilung zu kommen. Die schärferen Grenzkontrollen waren von den Balkanländern an Griechenland vorbei beschlossen worden. Das Land fühlt sich von der EU im Stich gelassen.

Sie durften rüber: Flüchtlinge nach dem Passieren der griechisch-mazedonischen Grenze. (Foto: Robert Atanasovski/AFP)
© SZ vom 26.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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