Margot Käßmann über Afghanistan:Und nochmal: raus

Lesezeit: 1 Min.

Margot Käßmann lässt sich gern Naivität vorwerfen - weil sie fest daran glaubt, dass es eher zum Frieden in Afghanistan beiträgt, im Talibanzelt bei Kerzenlicht zu beten als Tanklaster zu bombardieren.

Die ehemalige Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Margot Käßmann, hat ihre Kritik am Bundeswehreinsatz in Afghanistan erneuert. Auch nach der geänderten Strategie des Einsatzes könne sie den von der evangelischen Kirche immer geforderten Vorrang für Zivilisten nicht erkennen, sagte Käßmann am Donnerstag bei ihrem ersten großen öffentlichen Auftritt auf dem Ökumenischen Kirchentag. "Wo sind denn da Visionen für ein Leben nach der Sintflut?", kritisierte Käßmann.

"Ich lasse mich gern lächerlich machen": Margot Käßmann auf dem Ökumenischen Kirchentag in München. (Foto: Foto: dpa)

Tags zuvor hatte die 51-Jährige in München ihr neues Buch vorgestellt und sich dabei erstmals nach ihrem Rücktritt wieder öffentlich gezeigt.

Käßmann hatte mit ihrem "Nein" zum Afghanistan-Einsatz zu Jahresbeginn eine breite öffentliche Debatte über dessen Sinn gestartet. Zu der darauf folgenden Kritik an ihrer pazifistischen Haltung sagte die ehemalige Bischöfin, sie lasse sich gerne Naivität vorhalten.

"Ich lasse mich gern lächerlich machen, wenn Menschen mir sagen, ich sollte mich mit Taliban in ein Zelt setzen und bei Kerzenlicht beten. In der dortigen Kultur ist das durchaus eine Form, Frieden zu schließen, jedenfalls wesentlich eher als das Bombardement von Tanklastzügen."

Die Bundeswehr hatte bei einem Angriff auf Tanklastzüge im vergangenen September bis zu 142 Menschen verletzt oder getötet, darunter viele Zivilisten. Die ehemalige Landesbischöfin von Hannover war im Februar von allen Führungsämtern zurückgetreten, nachdem sie betrunken mit ihrem Dienstwagen über eine rote Ampel gefahren war.

Die gut 6000 Zuschauer bei einer öffentlichen Bibelarbeit feierten Käßmann mit lang anhaltendem Applaus. Am Donnerstag nahmen die etwa 125.000 Dauerteilnehmer des Kirchentags die inhaltliche Arbeit auf, insgesamt stehen auf dem noch bis Sonntag dauernden Treffen 3000 Veranstaltungen auf dem Programm.

Dazu gehören Bibelarbeiten, Vorträge und Diskussionen, aber auch Konzerte und Theateraufführungen. Den Himmelfahrtstag begannen die Gläubigen am Donnerstag mit einem konfessionsübergreifenden Gottesdienst auf dem Odeonsplatz. Am Mittwoch hatten an den Eröffnungsgottesdiensten laut Veranstalter 80.000 Menschen teilgenommen, an dem anschließenden Abend der Begegnung sogar 300.000.

© sueddeutsche.de/AFP/pfau - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Margot Käßmann
:Stationen einer Karriere

Weil sie ihren "schweren Fehler" zutiefst bereut, tritt die evangelische Bischöfin Margot Käßmann zurück. Ein Rückblick in Bildern.

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: