Manipulationsverdacht:Von Fiat bis Porsche

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Weltweit ermitteln Staatsanwälte gegen Autokonzerne, die wie Volkswagen bei ihren Motoren getrickst haben sollen.

Von Thomas Fromm

Dass die Jahre vor jenem September 2015 Rekordjahre für die deutsche Autoindustrie waren, hatte viel mit ihren Dieselmodellen zu tun. Als vermeintlich saubere Alternative zum alten Benziner verkauften sie sich so gut wie nie zuvor. Dann aber kam der Spätsommer 2015, und es ging Schlag auf Schlag. Zuerst flogen die Diesel-Betrügereien von Volkswagen in den USA auf. Kurze Zeit später war klar: Betroffen sind Millionen von VW-Dieselautos, und zwar weltweit.

Raffinierte Tricks und falsche Versprechungen - der Ruf des Diesels ist schwer angeschlagen

Der Konzern hatte mithilfe einer speziellen Software ("Defeat Device") jahrelang bei Abgastests betrogen. Der Trick war gut versteckt worden: Eine Software erkannte, zum Beispiel anhand der Steuerung oder des Radwinkels, wann ein Auto auf dem Prüfstand stand und wann es im realen Straßenverkehr unterwegs war. Bei Tests wurde die Abgasreinigung eingeschaltet, die Werte waren in Ordnung, auch wenn vielleicht die Motorleistung niedriger war oder der Verbrauch stieg. Stellte die Software aber fest, dass der Wagen gerade auf der Straße fuhr, wurde die Abgasreinigung heruntergefahren. Dies hatte jahrelang dramatische Folge für viele Menschen, gerade in Städten ist die Belastung durch giftige Stickoxide besonders hoch.

Falsche Versprechungen, raffinierte Technik-Tricks, die Gesundheit von Millionen Menschen aufs Spiel gesetzt - der Ruf des Diesel ist schwer angeschlagen. Im Laufe der Monate gerieten dann auch andere Hersteller unter Manipulationsverdacht. So werfen die französischen Ermittlungsbehörden Renault vor, schon seit 25 Jahren die Verbraucher getäuscht zu haben. Beim Konkurrenten PSA Peugeot Citroën gehen sie dem Verdacht einer Betrugssoftware nach. In den USA haben Dieselfahrer mit General Motors (GM) den größten US-Autobauer wegen angeblicher Manipulationen der Abgaswerte verklagt; und gegen den italo-amerikanischen Hersteller Fiat Chrysler liegt eine Klage der US-Regierung vor. Der Vorwurf: eine illegale Software zur Abgaskontrolle in mehr als 100 000 Dieselautos. Zu den Dieselherstellern, bei denen ebenfalls auffällig hohe Werte gemessen wurden, gehörten aber auch Ford, die GM-Tochter Opel und Nissan. Und jetzt auch noch die neuesten Entwicklungen im Fall des Stuttgarter Herstellers Daimler: Es sind Anschuldigungen, die einem irgendwie bekannt vorkommen. Bislang aber hat nur VW Tricksereien eingeräumt.

Was als VW-Affäre begann, wurde zur Systemfrage. War die Geschichte vom sauberen Diesel nicht von Anfang an ein Märchen? Allein der VW-Konzern musste in den USA Milliardenstrafen zahlen und hält hierzulande drei Staatsanwaltschaften auf Trab. In Braunschweig kümmert man sich um VW, in München um die Premium-Tochter Audi, in Stuttgart geht man auch Vorwürfen gegen Porsche nach. Es hat Jahrzehnte gedauert, den Diesel populär zu machen. Aber es geht schnell, die 125 Jahre alte Technologie in Verruf zu bringen. "Unsere Empfehlung ist, mit einem Neuwagenkauf eventuell noch zu warten, bis im Herbst Modelle mit dem Standard Euro 6D auf den Markt kommen", schreibt der ADAC. Tests zeigten auch bei angeblich sauberen Euro-6-Dieseln teils extreme Stickoxidwerte. Zwei Jahre nach dem Bekanntwerden der VW-Affäre haben die Hersteller ihre Dieselmotoren offenbar noch immer nicht im Griff .

© SZ vom 13.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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