Luftreinhaltung:Mit Dienstwagen in die Klimakrise

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Ein Plug-in-Hybrid-Dienstwagen, wie der von Winfried Kretschmann, muss nicht umweltfreundlich sein. Im Gegenteil. (Foto: Christoph Schmidt/picture alliance/dpa)

Einmal pro Jahr bewertet die Deutsche Umwelthilfe Fahrverhalten und CO2-Ausstoß von Berufspolitikern. Ziemlich am Ende des Rankings steht dieses Mal der grüne Ministerpräsident Winfried Kretschmann.

Von Robert Probst, München

Auf einige Termine kann man sich auch in Krisenzeiten wie diesen verlassen. Die Deutsche Umwelthilfe veröffentlicht wie jedes Jahr ihren Dienstwagen-Check für Berufspolitiker und verteilt fleißig meistens gelbe und sehr rote Karten an Bundesminister und Ministerpräsidenten. Die Klimakrise bleibt ja. Die allermeisten Politiker nehmen diesen Check nur zur Kenntnis. Wobei es bestimmt schwerfällt, auf einen solchen Satz als Bundesumweltministerin nicht zu reagieren: "Svenja Schulze konnte sich nicht verbessern und heizt mit ihrem Dienstwagen den Klimawandel weiter an."

Die Umwelthilfe, bekannt für ihre Klagefreudigkeit beim Thema Luftreinhaltung in Innenstädten, bewertet nach eigener Auskunft "die Dienstwagen nach dem CO2-Ausstoß im realen Fahrbetrieb" - und nicht die Herstellerangaben -, "um zu verdeutlichen, wie klimaschädlich die Fahrzeuge tatsächlich sind". Allerdings liegen dem Bericht Annahmen über das Fahrverhalten zugrunde, die im Einzelfall nicht belegbar sind.

Nur sieben der bewerteten 235 Fahrzeuge schaffen es dem Bericht zufolge im Betrieb auf der Straße unter einen Wert von 95 Gramm CO2 pro Kilometer - dem seit Januar in der EU gültigen Flottengrenzwert für Neuwagen, den Hersteller einhalten müssen. Geradezu selbstverständlich, dass alle Bundesminister, die gewöhnlich in schweren und schnellen Limousinen durch Deutschland kutschiert werden, die rote Karte bekommen. Das beginnt bei Bildungsministerin Anja Karliczek (CDU, 220 Gramm/Kilometer) und führt über Svenja Schulze (SPD, 242) und Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU, 258) bis zu Familienministerin Franziska Giffey (SPD, 286).

Insbesondere kritisierte die Umwelthilfe den gewachsenen Anteil von sogenannten Plug-in-Hybriden - also Autos, die sowohl mit Sprit als auch mit Elektroantrieb fahren. Diese seien "echte Spritschlucker", die nur auf dem Papier klimafreundlich aussähen. Positiv bewertet wurden 15 reine Elektroautos, wie sie etwa von Baden-Württembergs Umweltminister Franz Untersteller oder Berlins Umweltsenatorin Regine Günther (beide Grüne) gefahren werden. Die anderen grünen Karten gab es für Staatssekretärs-Autos.

Besonders schlechte Nachrichten bringt der Check für Baden-Württembergs Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann (Grüne). Er hatte sich vergangenes Jahr geärgert, weil er nur auf den fünften von 16 möglichen Plätzen gekommen war. Der Verein berücksichtige nur das größte Dienstauto, er sei aber oft auch mit anderen, etwa Elektroautos unterwegs, hatte er ausrichten lassen. Diesmal sieht ihn das Ranking auf Platz 13. Ein kleiner Trost für ihn: Ob er und die anderen dieses Jahr vielleicht wegen Corona viel weniger herumgefahren worden sind, das berücksichtigt die Umwelthilfe gar nicht. Sie pocht auf die Vorbildfunktion.

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