Luftfahrt:Streik bei Ryanair - 250 Flüge gestrichen

Lesezeit: 2 min

Die Piloten der größten Billigfluglinie Europas wehren sich gegen zu geringe Bezahlung und schlechte Arbeitsbedingungen.

Von Jens Flottau, Frankfurt

Die Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit (VC) hat ihre Mitglieder bei der Billigfluggesellschaft Ryanair zu einem 24-stündigen Streik aufgerufen. Die rund 400 in Deutschland stationierten Piloten sollen am Freitagmorgen um drei Uhr die Arbeit niederlegen, um in den laufenden Tarifverhandlungen die Forderungen der VC zu untermauern. Die Gewerkschaft wirft dem Unternehmen vor, nur die derzeitigen, aus ihrer Sicht ungenügenden Bedingungen festschreiben zu wollen. "Für ein Tarifdiktat stehen wir aber nicht zur Verfügung", sagte VC-Präsident Martin Locher. Ryanair wies die Vorwürfe zurück.

Durch den Streik fallen voraussichtlich 250 Flüge von und nach Deutschland aus. Fluggäste werden umgebucht oder bekommen ihr Geld zurück. Rund ein Drittel aller Passagiere werden auf den Deutschland-Strecken aber mit im Ausland stationierten Flugzeugen befördert. Alle Flüge von und nach Baden-Baden finden planmäßig statt. Der lange erwartete Schritt der deutschen Ryanair-Piloten verschärft die ohnehin angespannte Lage bei der größten europäischen Billigfluggesellschaft. Gleichzeitig wollen Piloten in Irland, Schweden und Belgien streiken. Ryanair hatte sich, Jahrzehnte nach seiner Gründung, erst im Dezember 2017 dazu bereit erklärt, mit Gewerkschaften über Tarifverträge zu verhandeln und muss dies nun in zahlreichen europäischen Ländern gleichzeitig tun.

Warnstreik des Sicherheitspersonals
:Diese Rechte haben Flugpassagiere

Warnstreik an acht deutschen Flughäfen - die wichtigsten Fragen und Antworten für Fluggäste.

Die VC hat nach eigenen Angaben seit November 2017 immer wieder versucht, Tarifverhandlungen mit Ryanair zu führen. Doch das Unternehmen habe von vorneherein deutlich gemacht, dass es nur eine Einigung akzeptieren werde, die keine Kostensteigerung bedeute. "Das ist für uns inakzeptabel", so Locher. Die VC sieht sowohl bei der Bezahlung als auch bei den Arbeitsbedingungen großen Nachholbedarf. Der bisherige Erfolg von Ryanair, der sich in jährlich sehr hohen Gewinnen niederschlage, sei zum Teil auf Kosten der Mitarbeiter zustande gekommen, die zu schlecht bezahlt und abgesichert seien.

Laut VC-Tarifvorstand Ingolf Schumacher hat Ryanair am Dienstagabend noch einmal ein Schreiben an die Gewerkschaft geschickt, um Entgegenkommen zu signalisieren. Sie warf darin der Gewerkschaft gleichzeitig vor, Gehaltserhöhungen von 62 Prozent zu fordern. Dies "entspricht nicht den Tatsachen", so Schumacher. Gleichzeitig habe Ryanair damit gedroht, Arbeitsplätze abzubauen oder in andere Länder zu verlagern, sollten die deutschen Piloten sich nicht auf eine für das Unternehmen akzeptable Lösung einlassen.

Ryanair gab sich betont optimistisch. Marketing-Chef Kenny Jacobs prognostizierte, es werde bis zum Herbst eine Tarifeinigung geben. Der Streik sei unnötig und hätte aus seiner Sicht viel früher angekündigt werden müssen, um die Auswirkungen auf die Passagiere zu minimieren. Laut Jacobs hat es bei den Verhandlungen mit der VC zuletzt "gute Fortschritte gegeben". Miteinander zu verhandeln, sei für beide Seiten eine neue Erfahrung, aber der neue Kurs Ryanairs stehe nicht in Frage, ebenso wenig wie das Geschäftsmodell.

© SZ vom 09.08.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: