Luftangriff im Jemen:Mehr als 80 Menschen getötet

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Die jemenitische Luftwaffe hat im Norden des Landes ein Lager bombardiert - das Militär spricht von Terroristen, die Aufständischen von toten Zivilisten.

Bei einem Luftangriff der jemenitischen Armee auf ein Flüchtlingslager im zum Teil von Rebellen kontrollierten Norden des arabischen Landes sind offenbar mehr als 80 Menschen getötet worden.

Die jemenitische Luftwaffe überraschte die Flüchtlinge im Schlaf. (Foto: Foto: ddp)

Ein Bewohner eines Behelfslagers in der Region Harf Sufyan sagte, nach dem Angriff am Vortag seien 87 Leichen begraben worden. "Das Lager wurde von dem Bombardement der Luftwaffe überrascht", berichtete der Informant.

Kollektivbestrafung oder Schlag gegen Extremisten?

Die unabhängige Internet-Nachrichtenseite News Yemen sprach unter Berufung auf Zeugen von 85 Toten. Die Flüchtlinge hätten zum Zeitpunkt des Angriffs unter Bäumen und Plastikplanen geschlafen. Später sei die Luftwaffe zurückgekehrt und habe sie abermals bombardiert. Bei den meisten Opfern handele es sich um Frauen und Kinder, sagte ein Stammesführer.

Die jemenitische Regierung erklärte, in der Gegend gebe es kein Flüchtlingslager. Ein Militärsprecher sagte der staatlichen Nachrichtenagentur Saba, die Angriffe in vier Ortschaften hätten sich gegen "Versammlungen von aufständischen Terroristen" gerichtet. "Zahlreiche Aufständische sind getötet oder verletzt worden", fügte er hinzu.

Die Luftwaffe habe Fahrzeuge zerstört, die mit Waffen und Munition beladen waren. Dennoch warf das Verteidigungsministerium den Rebellen vor, Zivilisten daran zu hindern, in sichere Gebiete zu gelangen: "Die Terroristen benutzen unschuldige Zivilisten als menschliche Schutzschilde."

Die amtliche Internetseite 16. September berichtete von Militäreinsätzen in Harf Sufjan, ohne den Luftangriff zu erwähnen. Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Wach forderte eine Untersuchung der Regierung in Sanaa.

Im Norden des Jemen kämpft die jemenitische Armee gegen die sogenannten Huthi-Rebellen, die sich von der Zentralregierung loslösen und eine religiöse Herrschaft errichten wollen.

Der Konflikt schwelt seit 2004 und ist seit Anfang August wieder eskaliert. Am 11. August hatte die Armee ihre inzwischen sechste Offensive gegen die Rebellen begonnen. Nach Angaben von UN-Hilfsorganisationen sind mehr als 100.000 Menschen auf der Flucht vor den Kämpfen.

Rebellen sprechen von Massaker

Die Aufständischen warfen den Regierungstruppen ein "neues Massaker an Zivilisten und unschuldigen Flüchtlingen" vor. Sanaa bestrafe die Bevölkerung "kollektiv".

Erst am Mittwoch hatten die Rebellen in einem Schreiben an UN-Generalsekretär Ban Ki Moon ihre Bereitschaft zu einem "bedingungslosen Waffenstillstand" erklärt. Die Regierung macht einen Stopp ihrer Offensive im Norden dagegen von der Erfüllung eines Sechs-Punkte-Katalogs abhängig, darunter die Entwaffnung der Rebellen.

© sueddeutsche.de/Reuters/dpa/afp/jhh - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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