Libyen-Konflikt:Rebellen wollen Gaddafis Geld

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Mit Gaddafis eingefrorenem Geld wollen libysche Rebellen demokratische Wahlen organisieren. Allein auf deutschen Konten habe der Diktator ein Vermögen von etwa sechs Milliarden Euro gebunkert.

Im Libyen-Konflikt gehen die Rebellen offenbar in die politische Offensive und wollen das Gaddafi-Regime nicht mehr nur mit Waffen bekämpfen. Auf dem Treffen der Libyen-Kontaktgruppe in Rom stellte ein Mitglied des Übergangsrates nach Angaben aus Delegationskreisen eine "Roadmap" vor: einen Plan, wie Libyen innerhalb eines halben Jahres demokratische Wahlen abhalten könnte.

Demnach könnte innerhalb von zwei Wochen eine Versammlung des gesamten libyschen Volkes einberufen und dabei der Beschluss zur Ausarbeitung einer neuen Verfassung verabschiedet werden. Vier Monate nach Annahme der Verfassung per Referendum könnte es dann Wahlen geben, erklärte ein Vertreter des Übergangsrates.

Die Libyen-Kontaktgruppe möchte einen Treuhandfonds zur finanziellen Unterstützung der Aufständischen einrichten. Darauf verständigten sich die Außenminister aus mehr als 20 Ländern nach Angaben von Teilnehmern bei einem Treffen in Rom.

In den Fonds soll Geld einfließen, das aus dem ausländischen Vermögen von Machthaber Muammar al-Gaddafi beschlagnahmt wurde. Allein in Deutschland sind Konten im Wert von etwa 6,1 Milliarden Euro gesperrt. Bei einem Treffen im Golfstaat Katar hatte sich die Kontaktgruppe bereits Mitte April darauf verständigt, die Einrichtung eines solchen Fonds für den Nationalen Übergangsrat der Rebellen zu prüfen.

Der "Temporäre Finanzmechanismus" - so der offizielle Titel - soll strengen Kontrollen unterliegen. Auch Geld aus den Einnahmen der Ölförderung in libyschen Rebellengebieten soll einfließen. Die Führung der Rebellen hat die westlichen Staaten auch um eine schnelle Finanzhilfe in Höhe von zwei bis drei Milliarden Dollar gebeten, unabhängig von Gaddafis Vermögen. Diese Bitte ist ebenfalls auf der Tagesordnung beim Treffen der Libyen-Kontaktgruppe in Rom.

Während sich die Kontaktkruppe in Rom Gedanken über die politische Zukunft Libyens macht, fliehen immer mehr Menschen vor Krieg und Chaos in der Stadt Misrata. In der libyschen Rebellenhochburg Bengasi ist am Donnerstag ein Schiff mit mehr als 1000 Flüchtlingen aus der umkämpften Hafenstadt im Westen eingelaufen. Etwa 800 ausländische Arbeiter sowie mehr als 300 Libyer befanden sich an Bord.

Auch mehr als 30 Verwundete seien auf dem Schiff gewesen. Gaddafis Soldaten hatten die Menge am Hafen in Misrata am Mittwoch beschossen, als sie an Bord der Red Star One drängte. Nach Angaben der Rebellen wurden dabei fünf Menschen getötet.

Der Hafen von Misrata ist die wichtigste Verbindung der Rebellen in der seit Wochen umkämpften Stadt mit der Außenwelt. Nach zwei Monaten Bürgerkrieg hat sich militärisch eine Pattsituation entwickelt. Die Aufständischen halten den Osten des Landes, Gaddafis Einheiten bis auf wenige Städte wie Sintan und Misrata den Westen.

© Reuters/dpa/AP - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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