Lesotho:Der Patriarch ist müde

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Soll an der Ermordnung seiner Ehefrau beteiligt gewesen sein: Präsident Thomas Thabane. (Foto: Siphiwe Sibeko/Reuters)

Das kleine afrikanische Land hat genug von Regierungschef Thabane und seinen Affären. Ob er wirklich geht, ist aber noch offen. Man traut dem 80-Jährigen so ziemlich alles zu.

Von Bernd Dörries, Kapstadt

"Aufgrund meines Alters habe ich nicht mehr so viel Energie wie früher", sagte Thomas Thabane in der vergangenen Woche, müde sei er, ließ der Präsident Lesothos seine Mitbürger wissen. Etwa 2,2 Millionen Menschen leben in dem kleinen Königreich hoch oben in den Bergen des südlichen Afrika - und man kann davon ausgehen, dass sehr viele auch müde sind, erschöpft von der endlosen Affäre um ihren 80 Jahre alten Premierminister, die das Land seit Monaten so in Atem hält.

Lesotho ist wohl eines der wenigen Länder der Welt, in dem die Corona-Pandemie nicht das alles beherrschende Thema ist. Premierminister Thabane wird vorgeworfen, an der Ermordung seiner eigenen Ehefrau beteiligt gewesen zu sein - zusammen mit seiner jetzigen Gattin Maesaiah Thabane. Die wurde bereits angeklagt, der Premierminister berief sich bisher auf seine Immunität als Regierungschef. Seit Monaten lähmt die Affäre das Land, mal kündigte Thabane seinen Rücktritt an, mal ließ er Truppen in der Hauptstadt aufmarschieren. Er änderte die Verfassung und stritt sich vor dem Obersten Gericht.

Jetzt hat selbst seine eigene Partei genug von ihm und kündigte am Montag die Koalition auf, bis zum 22. Mai soll Thabane durch den Finanzminister ersetzt werden. Angeblich stimmte er seinem eigenen Ende zu. Doch viele in Lesotho bleiben skeptisch, sie trauen Thabane alles zu, um an der Macht zu bleiben. Und seiner dritten Ehefrau Maesaiah auch. Sie ist mit 43 Jahren in etwa halb so alt wie der Premierminister und kommt aus ärmlichen Verhältnissen, seit vielen Jahren war sie die neue an seiner Seite, fühlte sich aber dennoch zurückgesetzt, weil Ehefrau Nummer zwei, Lipolelo Thabane, zwar schon länger in Trennung lebte, sich aber weigerte, in die Scheidung einzuwilligen. Das versperrte ihrer Nachfolgerin den Weg zu Heirat und dem in Lesotho offiziellen Amt der First Lady, das mit Personal und Dienstwagen einhergeht.

Die korrupte Elite ist ausschließlich damit beschäftigt, das Land auszuplündern

Die eine wollte die Privilegien nicht abgeben, die andere sie endlich bekommen. Das sei das Motiv, so die Ermittler, ein Telefongespräch vom Tatort des Mordes lasse sich auf das Handy des Premierministers verfolgen. Ehefrau Nummer drei wurde bereits des Mordes angeklagt, bald könnte der Premierminister folgen. Dessen erzwungener Rückzug aus dem Amt beinhalte keinerlei Verzicht auf Strafverfolgung, teilte der Parlamentssprecher mit.

Das vorläufige Ende der Affäre könnte Lesotho die Möglichkeit geben, sich Wichtigerem zuzuwenden: der Bekämpfung von Corona. Bisher meldet das Land noch keinen einzigen Fall, was aber wohl nicht daran liegt, dass die Enklave tatsächlich verschont geblieben ist, sondern bisher mit anderem beschäftigt war. Getestet wird bisher kaum, und wenn, dann oft im Nachbarland Südafrika, das Lesotho völlig umschließt. Der mächtige Nachbar ist zunehmend genervt von den seit Jahren andauernden ständigen Unruhen in Lesotho, von Putschen und Morden an Politikern.

Mal schickt Südafrika Friedenstruppen und Wahlbeobachter, mal droht es damit, das Land einfach anzuschließen. Geholfen hat es bisher nichts. Die korrupte Elite Lesothos ist ausschließlich damit beschäftigt, das Land auszuplündern. Wichtigster Bodenschatz ist das Wasser, das nach Südafrika exportiert wird. Seit Kurzem darf nun Marihuana zu medizinischen Zwecken angebaut werden, ein potenzieller Millionenmarkt, von dem bisher aber hauptsächlich reiche Investoren und eine kleine Elite profitieren. Wie es in Lesotho weitergeht, ist unklar. In der herrschenden Elite gibt es kaum jemanden, dem die Menschen zutrauen, eine moralische Wende einzuleiten. Manche hoffen nun, dass sich das Königshaus stärker in die Politik einmischt.

© SZ vom 13.05.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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